Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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Mit dem Vorsitz des Schwurgerichts hatte der Landgerichtspräsident den fähigsten seiner Direktoren betraut, und man kann sich denken, daß ich sehr neugierig war, über die Persönlichkeit dieses Mannes, von dem nunmehr in hohem Grade mein Schicksal abhing, so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen. Allerseits wurde Dr. Ellers Klugheit und seine den Durchschnitt weit überragende Bildung gerühmt; auch besitze er eine ungewöhnliche, auf zahlreichen Reisen erworbene Weltkenntnis. Er sei ehrgeizig und habe eine glänzende Laufbahn vor sich.
Viele Jahre nachher lieferte mir ein jüngerer Kollege von ihm noch einen wertvollen Beitrag zu seiner Charakteristik. Dr. Eller habe die Akten meines Prozesses schon im Juni zugeschickt erhalten, mit dem Bedeuten, sich unverzüglich an das Studium derselben zu machen; die Arbeit, die ihn erwarte, sei nicht gering. Aber Fleiß sei keine der Tugenden dieses hervorragenden Juristen gewesen. Im Vertrauen auf seine überlegene Intelligenz habe er die Akten liegen lassen bis etwa vierzehn Tage vor der Verhandlung. Dann erst habe er sich darüber hergemacht und bald entdeckt, daß er Mühe haben werde, rechtzeitig fertig zu werden. Schließlich habe er die Nächte zu Hilfe nehmen müssen und beträchtliche Mengen starken, schwarzen Kaffees. Daher seine Nervosität während der Verhandlung.
Mich persönlich hat er im allgemeinen nicht schlecht behandelt.
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/111&oldid=- (Version vom 31.7.2018)