Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage | |
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Hinfälligkeit der Frau keine besondere Ehre aufheben, und zwar nicht etwa blos aus dem Grunde, weil dem Manne der ritterliche Zug eigen ist, die angegriffene Frau zu vertheidigen, sondern vornehmlich deshalb, weil jeder Mann das Ideal einer Frau im Herzen trägt oder getragen hat, von welcher er ganz gewiss weiss, dass die Theorie des Dr. Möbius auf sie keine Anwendung finden kann, also eine Blasphemie bedeutet. Niemand aber kann gleichgiltig dabei bleiben, wenn man seine Götterbilder verlästert.
Sehen wir uns einmal die Theorie dieses misogynen Gelehrten etwas näher an. Dieselbe gipfelt darin, dass die Frau von der Natur nicht nur mit geringeren Geistesgaben ausgestattet wurde, sondern dass dieselben auch viel rascher schwinden, als beim Manne. Es kann mir sicherlich nicht einfallen, mein eigenes Geschlecht herabsetzen zu wollen und ich glaube selbst, dass der Geist des Mannes sich nach mancher Richtung hin kräftiger zu äussern veranlagt sei, als derjenige der Frau. Nehmen wir z. B. die Mathematik oder die Forschung in den Naturwissenschaften, sowie ganz besonders die schöpferische Kraft auf dem Gebiete neuer Erfindungen. An diese Differenzirung hat Dr. Möbius nicht gedacht und ich stelle dieselbe hier nur aus dem Grunde auf, um zu zeigen, dass ich keiner jener blinden Frauenverehrer bin, die in der Sonne der Vorzüge derselben absolut keine Flecken zu sehen vermögen. Solche sind auch thatsächlich vorhanden; einen Unterschied der Geschlechter muss es ja auch in Bezug auf die Eigenschaften des Geistes geben, und es wird Niemandem einfallen, es als einen Fehler der Rose zu betrachten, dass sie nicht die Knorrigkeit der Eiche besitzt. Nur so wie sie ist, kann sie die Rose sein, der holde poetische Traum der Natur, der uns wie ein paradiesisches Gebilde anmuthet.
Dagegen wird sich wohl Niemand auflehnen, dass der Geist der Frau in mancher Beziehung andere Eigenschaften aufweist, als derjenige des Mannes; aber damit, dass er ein anderer ist, kann er sicherlich noch nicht als inferior bezeichnet werden. „Die Häufigkeit und Frühzeitigkeit des geistigen Zurückgehens beim Weibe“, welche Dr. Möbius verficht, ist es, gegen welche sich jeder Kenner der weiblichen Natur besonders auflehnen muss. Es gibt sicherlich so manche Frau, welche, in ungünstige Lebensverhältnisse gestellt, in der Sorge um die Erfüllung ihrer heiligen Pflichten als Hausfrau und Mutter aufgeht und deren Geistesblüthen vom rauhen Winde des Lebens früher abgestreift werden, als das unter glücklicheren Auspizien geschähe; aber ist das nur bei der Frau der Fall? Geht nicht die ungeheure Mehrheit der Männer, die in ihren jüngeren Jahren ein reiches, zu den schönsten Hoffnungen berechtigendes Geistesleben aufwiesen, in ihrem Berufe vollständig unter? „Wie viele Männer, die sich höhere Bildung erworben, gibt es nicht, die im Kampfe um das Dasein jede Empfänglichkeit für geistigen Genuss verloren haben! Ihre Berufstätigkeit absorbirt sie fast vollständig; was noch bleibt, ist ganz trivialer Natur: die Freuden der Tafel, die Spielpartie im Klub und Aehnliches, was auf demselben Niveau oder noch tiefer steht. Wenn ein solcher Mann etwas über eine neue hervorragende Erscheinung in der Literatur, über ein auf künstlerischer Höhe
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/110&oldid=- (Version vom 31.7.2018)