Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein | |
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in später geologischer Zeit mit noch jetzt lebenden Conchylien-Arten zusammengelebt haben, war ich mit Erstaunen erfüllt. Denn da ich sah, wie die von den Spaniern in Süd-America eingeführten Pferde sich wild über das ganze Land verbreitet und in beispiellosem Maße an Anzahl vermehrt haben, so mußte ich mich bei jener Entdeckung selber fragen, was in verhältnißmäßig noch so neuer Zeit das frühere Pferd zu vertilgen vermocht habe, unter Lebensbedingungen, welche sich so außerordentlich günstig erwiesen haben? Aber wie ganz ungegründet war mein Erstaunen! Professor Owen erkannte bald, daß der Zahn, wenn auch denen der lebenden Arten sehr ähnlich, doch von einer ganz anderen nun erloschenen Art herrühre. Wäre diese Art noch jetzt, wenn auch schon etwas selten, vorhanden, so würde sich kein Naturforscher im mindesten über deren Seltenheit wundern, da es viele seltene Arten aller Classen in allen Gegenden gibt. Fragen wir uns, warum diese oder jene Art selten ist, so antworten wir, es müsse irgend etwas in den vorhandenen Lebensbedingungen ungünstig sein, obwohl wir dieses Etwas kaum je zu bezeichnen wissen. Existirte das fossile Pferd noch jetzt als eine seltene Art, so würden wir es in Berücksichtigung der Analogie mit allen andern Säugethierarten und selbst mit dem sich nur langsam fortpflanzenden Elephanten und der Geschichte der Naturalisation des domesticirten Pferdes in Süd-America für sicher gehalten haben, daß jene fossile Art unter günstigeren Verhältnissen binnen wenigen Jahren im Stande sein müsse, den ganzen Continent zu bevölkern. Aber wir hätten nicht sagen können, welche ungünstigen Bedingungen es waren, die dessen Vermehrung hinderten, ob deren nur eine oder ob es ihrer mehrere waren, und in welcher Lebensperiode des Pferdes und in welchem Grade jede derselben ungünstig wirkte. Wären aber jene Bedingungen allmählich, wenn auch noch so langsam, immer ungünstiger geworden, so würden wir die Thatsache sicher nicht bemerkt haben, obschon jene fossile Pferdeart gewiß immer seltener und seltener geworden und zuletzt erloschen sein würde, denn ihr Platz würde von einem andern siegreichen Concurrenten eingenommen worden sein.
Es ist äußerst schwer sich immer zu erinnern, daß die Zunahme eines jeden lebenden Wesens durch unbemerkbare schädliche Agentien fortwährend aufgehalten wird und daß dieselben unbemerkbaren Agentien vollkommen genügen können, um eine fortdauernde Verminderung und endliche Vertilgung zu bewirken. Dieser Satz bleibt aber so
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/415&oldid=- (Version vom 31.7.2018)