davon gewesen zu sein, daß ernste Aufmerksamkeit der Erscheinung unserer eigenen Person, besonders unseres Gesichts zugewendet wurde, wozu dann Gewohnheit, Vererbung und das leichte Strömen von Nervenkraft gewohnten Canälen entlang zur Unterstützung hinzugetreten sind; später scheint es dann durch die Kraft der Association auf die Form der Selbstbeachtung ausgedehnt worden zu sein, welche sich der moralischen Aufführung zuwendet. Es kann kaum bezweifelt werden, daß viele Thiere im Stande sind, schöne Farben und selbst Formen zu würdigen, wie es sich in der aufgewandten Mühe zeigt, mit welcher die Individuen des einen Geschlechts ihre Schönheit vor denen des andern Geschlechts entfalten. Es scheint aber nicht möglich zu sein, daß irgend ein Thier eher, als bis seine geistigen Fähigkeiten sich zu einem gleichen oder nahezu gleichen Grade mit denen des Menschen entwickelt hatten, seine eigene persönliche Erscheinung in nahen Betracht gezogen hätte und in Bezug auf dieselbe empfindlich geworden wäre. Wir können daher wohl schließen, daß das Erröthen in unserer langen Descendenzreihe erst in einer sehr späten Periode entstanden ist.
Aus den verschiedenen, eben erwähnten und im Verlaufe des vorliegenden Bandes mitgetheilten Thatsachen folgt, daß, wenn die Structur unserer Respirations- und Circulationsorgane nur in einem unbedeutenden Grade von dem Zustande, in dem sie sich jetzt befinden, abgewichen wäre, die meisten unserer Ausdrucksweisen wunderbar verschieden gewesen wären. Eine sehr geringe Veränderung im Verlaufe der Arterien und Venen, welche zum Kopfe gehen, würde es wahrscheinlich verhindert haben, daß sich das Blut während heftiger Exspirationen in unsern Augäpfeln aufhäuft; denn dasselbe tritt nur bei äußerst wenig Säugethieren ein. In diesem Falle würden wir einige unserer characteristischsten Ausdrucksformen nicht dargeboten haben. Wenn der Mensch mit Hülfe äußerer Kiemen Wasser geathmet hätte (obgleich diese Idee kaum einer Vorstellung fähig ist), anstatt Luft durch seinen Mund und seine Nasenlöcher zu athmen, so würden seine Gesichtszüge seine Gefühle nicht viel wirksamer ausgedrückt haben, als es jetzt seine Hände oder Gliedmaßen thun. Wuth und Widerwille würden indessen noch immer durch Bewegungen um die Lippen und den Mund haben gezeigt werden können, und die Augen würden glänzender oder matter geworden sein je nach dem Zustande der Circulation. Wenn unsere Ohren beweglich geblieben
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/354&oldid=- (Version vom 31.7.2018)