Mehrere glaubwürdige Beobachter haben mir versichert, daß sie auf den Gesichtern der Neger eine Erscheinung bemerkt hätten, welche einem Erröthen ähnlich ist, und zwar unter Umständen, welche ein solches bei uns erregt haben würden, trotzdem die Haut von einer ebenholzschwarzen Färbung war. Manche beschreiben es als ein braunes Erröthen; die Meisten sagen aber, daß die Schwärze dann noch intensiver wird. Ein vermehrter Zufluß von Blut in die Haut scheint in einer gewissen Weise deren Schwärze zu erhöhen; so lassen gewisse exanthematische Krankheiten die afficirten Stellen auf der Haut bei dem Neger schwärzer erscheinen, statt daß sie wie bei uns röther würden.[1] Vielleicht dürfte auch die Haut, weil sie durch die Erfüllung der Haargefäße gespannter wird, eine etwas verschiedene Farbe reflectiren, als sie vorher that. Daß die Haargefäße des Gesichts unter der Gemüthserregung der Scham beim Neger mit Blut erfüllt werden, können wir getrost annehmen, weil eine vollständig als solche characterisirte Albino-Negerin, welche Buffon beschrieben hat,[2] einen leichten purpurnen Anflug auf ihren Wangen zeigte, als sie sich nackend darstellen mußte. Narben der Haut bleiben beim Neger lange Zeit weiß, und Dr. Burgess, welcher häufig Gelegenheit hatte, eine Narbe dieser Art im Gesichte einer Negerin zu beobachten, hat deutlich gesehen, daß die Narbe „ausnahmslos roth wurde, sobald die Negerin plötzlich angeredet oder in irgend einer Weise unbedeutend beschuldigt wurde“.[3] Man konnte sehen, daß das Erröthen von der Peripherie der Narbe nach dem Mittelpunkte hin fortschritt, es erreichte aber den letzteren nicht. Mulatten erröthen häufig sehr leicht und stark, wobei ein rother Hauch nach dem andern über ihr Gesicht zieht. Nach diesen Thatsachen läßt sich nicht daran zweifeln, daß Neger erröthen, obschon die Röthe selbst auf der Haut nicht sichtbar wird.
Gaika und Mrs. Barber haben mir beide versichert, daß die
- ↑ Siehe über diesen Punkt Burgess, a. a. O. p. 32, auch Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Th. I, 1859, S. 149. Moreau gibt einen detaillirten Bericht (Lavater, 1820, Tom. IV, p. 302) von dem Erröthen einer Negersklavin von Madagascar, als sie von ihrem Herrn gezwungen wurde, ihren nackten Busen zu zeigen.
- ↑ citirt von Prichard, Physic. History of Mankind, 4. edit., Vol. I, 1851, p. 225.
- ↑ Burgess, a. a. O. p 81. Über das Erröthen von Mulatten, ebenda p. 33. Ich habe in Bezug auf Mulatten ähnliche Schilderungen erhalten.
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/312&oldid=- (Version vom 31.7.2018)