Mr. Washington Matthews sagt in Beziehung auf die wilden Indianerstämme des westlichen Theils der Vereinigten Staaten: „Ich habe bei einigen wenigen Gelegenheiten gefunden, daß die Leute ein unbedeutendes entschuldigendes Zucken zeigten, aber das Übrige jener bezeichnenden Geberde, welche Sie beschreiben, habe ich nicht gesehen.“ Fritz Müller theilt mir mit, daß er die Neger in Brasilien mit ihren Schultern habe zucken sehen. Es ist indeß natürlich hier möglich, daß sie dies durch Nachahmung der Portugiesen gelernt haben. Mrs. Barber hat diese Geberde niemals bei den Kaffern von Süd-Africa gesehen, und Gaika hat, nach seiner Antwort zu urtheilen, nicht einmal verstanden, was mit meiner Beschreibung gemeint war. Mr. Swinhoe ist gleichfalls zweifelhaft in Bezug auf die Chinesen. Er hat aber gesehen, daß sie unter Umständen, welche uns veranlassen würden, mit den Schultern zu zucken, ihren rechten Ellenbogen an die rechte Seite drückten, ihre Augenbrauen erhoben, ihre Hand mit der Fläche nach der angeredeten Person hinstreckten und sie von rechts nach links schüttelten. Was endlich die Australier betrifft, so beantworten vier meiner Correspondenten die Frage einfach verneinend und einer einfach bejahend. Mr. Bunnett, welcher ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung an den Grenzen der Colonie Victoria gehabt hat, antwortet auch mit einem „Ja“ und fügt hinzu, daß die Geberde „in einer bescheideneren und weniger demonstrativen Art ausgeführt wird, als es bei civilisirten Nationen der Fall ist“. Dieser Umstand dürfte es erklären, daß sie von vier meiner Correspondenten nicht bemerkt worden ist.
Diese Angaben, welche sich auf die Europäer, Hindus, die Bergstämme von Indien, die Malayen, Mikronesier, Abyssinier, Araber, Indier von Nord-America und offenbar auch auf Australier beziehen — und viele dieser Eingebornen haben kaum irgend welchen Verkehr mit Europäern gehabt — sind wohl genügend, um zu beweisen, daß das Zucken mit den Schultern, in manchen Fällen von den übrigen eigenthümlichen Bewegungen begleitet, eine der Menschheit natürliche Geberde ist.
Dieser Geberde liegt eine nicht beabsichtigte oder unvermeidliche Handlung unsererseits zu Grunde oder eine, welche wir nicht ausführen können, oder auch eine Handlung, die irgend eine andere Person ausführt, welche wir nicht verhindern können. Sie begleitet derartige Redensarten wie: „es war nicht meine Schuld“, „es ist mir unmöglich,
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/264&oldid=- (Version vom 31.7.2018)