Zum Inhalt springen

Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/58

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewissen Regenpfeifern müssen indessen die Flügelsporne als ein geschlechtlicher Character betrachtet werden. So wird der Höcker an der Flügelschulter beim Männchen unseres gemeinen Kibitzes (Vanella cristatus) während der Paarungszeit vorragender, und es ist bekannt, dass die Männchen mit einander kämpfen. Bei einigen Species von Lobivanellus entwickelt sich während der Paarungszeit ein ähnlicher Höcker „zu einem kurzen hornigen Sporne“. Beim australischen L. lobatus haben beide Geschlechter Sporne, aber dieselben sind bei den Männchen viel grösser als bei den Weibchen. Bei einem verwandten Vogel, dem Hoplopterus armatus, werden die Sporne während der Paarungszeit nicht grösser, aber man hat in Aegypten gesehen, dass diese Vögel in derselben Weise mit einander kämpfen wie unsere Kibitze. Sie springen dann plötzlich in die Höhe und schlagen einander von der Seite zuweilen mit einem tödtlichen Erfolge. Sie treiben auf diese Weise auch andere Feinde fort.[1]

Die Zeit der Liebe ist die Zeit des Kampfes. Aber die Männchen einiger Vögel, wie des Kampfhuhns und der Kampfläufer und selbst die jungen Männchen des wilden Truthuhns und Haselhuhns[2] sind bereit zu kämpfen, so oft sie einander begegnen. Die Gegenwart des Weibchens ist die teterrima belli causa. Die bengalischen Knaben bringen die niedlichen kleinen Männchen des Amadavat (Estrelda amandava) dazu, mit einander zu kämpfen, dadurch dass sie drei kleine Käfige in eine Reihe stellen mit einem Weibchen in der Mitte. Nach kurzer Zeit lassen sie die zwei Männchen frei und sofort beginnt ein ganz verzweifelter Kampf.[3] Wenn viele Männchen sich auf einem und demselben bestimmten Platze versammeln und mit einander kämpfen, wie es bei den Waldhühnern und verschiedenen andern Vögeln der Fall ist, so sind sie meist von den Weibchen begleitet,[4] welche



  1. s. über den Kibitz Mr. R. Carr in: Land and Water 8. Aug. 1868, p. 46. In Bezug auf Lobivanellus s. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 647, und Gould, Handbook of Birds of Australia. Vol. II, p. 220. Wegen des Hoplopterus s. Mr. Allen, in: Ibis, Vol. V. 1863, p. 156.
  2. Audubon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 492. Vol. I, p. 4–13.
  3. Mr. Blyth, in: Land and Water, 1867, p. 212.
  4. Richardson, über Tetrao umbellus, in: Fauna Bor. Amer.: Birds. 1831, p. 343. L. Lloyd, Game Birds of Sweden. 1867, p. 22, 79, über den Auer- und Birkhahn. Brehm führt indessen an (Thierleben u. s. w. Bd. 4, S. 352), dass in Deutschland die Birkhennen gewöhnlich beim Balzen der Birkhähne nicht zugegen sind; das ist aber eine Ausnahme von der gewöhnlichen Regel. Möglicherweise liegen die Hennen versteckt in den umgebenden Büschen, wie es bekanntlich bei den Birkhennen in Scandinavien und mit andern Arten in Nord-America der Fall ist.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/58&oldid=- (Version vom 31.7.2018)