dies ist ohne Zweifel das Resultat des Vortheils, welchen die grösseren und stärkeren Männchen über ihre Nebenbuhler viele Generationen hindurch erlangt haben. Die Grössenverschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern ist bei einigen australischen Species bis zu einem ganz extremen Grade geführt worden. So sind die Männchen der Moschusente (Biziura) und die Männchen von Cincloramphus cruralis (mit unserem Steinschmätzer verwandt) der wirklichen Messung nach factisch zweimal so gross als ihre beziehentlichen Weibchen.[1] Bei vielen andern Vögeln sind die Weibchen grösser als die Männchen und, wie früher bereits bemerkt wurde, ist die häufig hierfür angeführte Erklärung, dass nämlich die Weibchen beim Aufziehen der Jungen die meiste Arbeit haben, nicht hinreichend. In einigen wenigen Fällen haben, wie wir späterhin noch sehen werden, die Weibchen allem Anscheine nach ihre bedeutendere Grösse und Kraft deshalb erlangt, um andere Weibchen besiegen und in den Besitz der Männchen gelangen zu können.
Die Männchen vieler hühnerartigen Vögel, besonders der polygamen Arten, sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern versehen, nämlich mit Spornen, welche mit einer fürchterlichen Wirkung benutzt werden können. Ein zuverlässiger Schriftsteller hat berichtet,[2] dass in Derbyshire ein Habicht auf eine Kampfhenne, welche in Begleitung ihrer Küchlein war, stiess, worauf der Hahn zu ihrem Entsatze herbeieilte und seinen Sporn gerade durch das Auge und den Schädel des Angreifers hindurchschlug. Der Sporn war nur mit Schwierigkeit aus dem Schädel herauszuziehen, und da der Habicht, trotzdem er todt war, seinen Griff festhielt, waren die beiden Vögel fest in einander verbissen. Doch war der Hahn, als er freigemacht wurde, nur wenig verletzt. Der unbesiegliche Muth der Kampfhähne ist ja bekannt. Ein Herr, welcher vor langer Zeit die folgende brutale Scene beobachtete, erzählte mir, dass ein Vogel durch irgend einen Zufall in dem Hühnerstalle ein Bein gebrochen hatte, und der Besitzer wagte eine Wette dafür, dass wenn das Bein geschient werden könnte, so dass der Vogel nur aufrecht stehen könne, er zu kämpfen fortfahren würde. Dies wurde auf der Stelle ausgeführt und der Vogel kämpfte mit unbezähmtem Muthe so lange, bis er seinen Todesstreich erhielt. In Ceylon kämpft eine nahe verwandte wilde Art, der Gallus Stanleyi,
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/54&oldid=- (Version vom 31.7.2018)