kurzer Zeit, verändern.[1] Eines der auffallendsten Beispiele unter allen je beschriebenen von einem Thiere, welches durch seine Farbe (soweit sich nach Sammlungsexemplaren urtheilen lässt) und durch seine Form Schutz erhält, ist das von Dr. Günther mitgetheilte[2] von einer Meernadel, welche mit ihren röthlichen, flottirenden Fadenanhängen kaum von dem Seegras zu unterscheiden ist, an welches sie sich mit ihrem Greifschwanze befestigt. Die Frage, welche jetzt hier zu untersuchen ist, ist aber die, ob die Weibchen allein zu diesem Zwecke modificirt worden sind. Wir können einsehen, dass das eine Geschlecht durch natürliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes nicht mehr als das andere modificirt werden wird, vorausgesetzt, dass beide Geschlechter variiren; es müsste denn das eine Geschlecht eine längere Zeit hindurch Gefahren ausgesetzt sein oder geringere Kraft besitzen, solchen Gefahren zu entgehen, als das andere; und bei Fischen scheinen die Geschlechter in diesen Beziehungen nicht von einander abzuweichen. Soweit eine derartige Verschiedenheit existirt, sind die Männchen, weil sie meist von geringerer Grösse sind und mehr umherschweifen, einer grösseren Gefahr ausgesetzt als die Weibchen; und doch sind die Männchen, wenn die Geschlechter überhaupt verschieden sind, beinahe immer die am auffallendsten Gefärbten. Die Eier werden unmittelbar nachdem sie abgelegt sind befruchtet, und wenn dieser Process mehrere Tage dauert, wie es beim Lachse der Fall ist,[3] so wird das Weibchen während der ganzen Zeit vom Männchen begleitet. Nachdem die Eier befruchtet sind, werden sie in den meisten Fällen von beiden Eltern unbeschützt gelassen, so dass die Männchen und Weibchen, soweit das Geschäft des Eierlegens in Betracht kommt, gleichmässig der Gefahr ausgesetzt sind; auch sind Beide für die Erzeugung fruchtbarer Eier von gleicher Bedeutung. In Folge dessen werden die mehr oder weniger hell gefärbten Individuen beider Geschlechter in gleichem Maasse häufig zerstört oder erhalten werden und beide werden einen gleichen Einfluss auf die Färbung ihrer Nachkommen oder der Rasse haben.
Gewisse zu verschiedenen Familien gehörige Fische bauen Nester und einige dieser Fische sorgen auch für die Jungen, wenn sie ausgeschlüpft sind. Bei Crenilabrus massa und melops arbeiten beide
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)