zahlreicher directer und indirecter Belege bejahend beantwortet werden. Viel schwieriger ist es aber zu entscheiden, welche Eigenschaften die Wahl der Weibchen bestimmen. Doch haben wir auch hier wiederum einige directe und indirecte Beweise dafür, dass in grossem Maasse das Anziehende der äusseren Erscheinung des Männchens es ist, welches hier in's Spiel kommt, obschon ohne Zweifel seine Kraft, sein Muth und andere geistige Eigenschaften desselben auch in Betracht kommen. Wir wollen mit den indirecten Beweisen beginnen.
Dauer der Brautwerbung. — Die Dauer der meist längeren Periode, während welcher beide Geschlechter gewisser Vögel Tag für Tag sich auf einem bestimmten Platze treffen, hängt wahrscheinlich zum Theil davon ab, dass die Bewerbung eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit ist, zum Theil von der Wiederholung des Paarungsactes. So dauert in Deutschland und Scandinavien das Balzen oder die Leks der Birkhähne von der Mitte des März durch den ganzen April bis in den Mai hinein. Bis vierzig oder fünfzig oder selbst noch mehr Vögel versammeln sich auf den Leks und ein und derselbe Platz wird häufig während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Das Balzen des Auerhahns dauert von Ende März bis in die Mitte oder selbst das Ende des Monats Mai. In Nordamerica dauern „die Rebhuhntänze“ des Tetrao phasianellus „einen Monat oder noch länger“. Andere Arten von Waldhühnern sowohl in Nordamerica als im östlichen Sibirien[1] haben nahezu dieselben Gewohnheiten. Die Hühnerjäger entdecken die Hügel, wo die Kampfläufer sich versammeln, daran, dass das Gras niedergetreten ist, und dies weist darauf hin, dass derselbe Fleck lange Zeit frequentirt wird. Die Indianer von Guyana kennen die abgeräumten Kampfplätze sehr wohl, wo sie die schönen Waldhühner zu finden erwarten können, und die Eingeborenen von Neu-Guinea kennen die Bäume, wo sich zehn bis zwanzig in vollem Gefieder befindliche männliche Paradiesvögel versammeln. In diesem letzteren Falle ist nicht ausdrücklich angegeben, dass die Weibchen sich auf
- ↑ Nordmann beschreibt (Bullet. Soc. Imp. des Natur. de Moscou, 1861. Tom. XXXIV, p. 264) das Balzen des Tetrao urogalloides in dem Amur-Lande. Er schätzt die Zahl der sich versammelnden Männchen auf über ein Hundert, ohne die Weibchen, welche in den umgebenden Sträuchen verborgen liegen, mitzuzählen. Die dabei ausgestossenen Geräusche weichen von denen des T. urogallus, des Auerhahns, ab.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/106&oldid=- (Version vom 31.7.2018)