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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/440

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Betrachtungen hielt es Mr. Wallace für wahrscheinlich, dass auffallend gefärbte Raupen dadurch geschützt seien, dass sie einen ekelerregenden Geschmack hätten. Da aber ihre Haut äusserst zart ist und da ihre Eingeweide leicht aus einer Wunde hervorquellen, so würde ein unbedeutendes Picken mit dem Schnabel eines Vogels für sie so lethal sein, als wenn sie gefressen worden wären. „Widriger „Geschmack allein würde daher“, wie Mr. Wallace bemerkt, „nicht genügend sein, eine Raupe zu schützen, wenn nicht irgend ein äusseres Zeichen dem Thiere, welches sie fressen will, anzeigte, dass die vorgebliche Beute ein widriger Bissen ist“. Unter diesen Umständen wird es in hohem Grade vorteilhaft für eine Raupe sein, augenblicklich und mit Sicherheit von allen Vögeln und anderen Thieren als ungeniessbar erkannt zu werden. Daher werden die prächtigsten Farben von Nutzen sein und können durch Abänderungen und durch das Ueberleben der am leichtesten wieder zu erkennenden Individuen erlangt worden sein.

Diese Hypothese erscheint auf den ersten Blick sehr kühn; als sie aber der entomologischen Gesellschaft[1] mitgetheilt wurde, tauchten verschiedene Angaben zu ihrer Unterstützung auf; Mr. J. Jenner Weir, welcher eine grosse Zahl von Vögeln in einer Volière hält, hat, wie er mir mittheilt, zahlreiche Versuche gemacht und findet keine Ausnahme von der Regel, dass alle Raupen von natürlicher und zurückgezogener Lebensweise mit glatter Haut, ferner alle von grüner Färbung, ebenso alle, welche Zweigen ähnlich sind, mit Gier von Vögeln verzehrt werden. Die mit Haaren und Stacheln besetzten Arten wurden ohne Ausnahme verschmäht, ebenso vier in einer auffallenden Weise gefärbte Arten. Wenn die Vögel eine Raupe verwarfen, so gaben sie deutlich durch das Schütteln ihres Kopfes und Reinigen ihres Schnabels zu erkennen, dass ihnen der Geschmack widerstand.[2] Mr. A. Butler gab gleichfalls drei auffallend gefärbte Arten von Raupen und Motten einigen Eidechsen und Fröschen und sie wurden


  1. Proceed. Entomolog. Soc., Dec. 3., 1866, p. XLV. und March. 4., 1867, p. LXXX.
  2. s. den Aufsatz von Mr. J. Jenner Weir, on Insects and Insectivorous Birds, in: Transact. Entomolog. Soc. 1869, p. 21, auch Mr. Butler’s Aufsatz ebenda p. 27. Mr. Riley hat analoge Thatsachen mitgetheilt in: Third Annual Report on the Noxious Insects of Missouri, 1871, p. 148. Einige widersprechende Fälle sind indessen von Mr. Wallace und M. H. d’Orville mitgetheilt worden; s. Zoological Record, 1869, p. 349.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 426. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/440&oldid=- (Version vom 31.7.2018)