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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/423

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Typus der Färbung ihrer Gattung abgewichen sind. Bei der Anth. sara von Californien sind die orangenen Spitzen beim Weibchen zum Theil entwickelt worden; sie sind aber blässer als beim Männchen und in einigen andern Beziehungen unbedeutend verschieden. Bei einer verwandten indischen Form, der Iphias glaucippe, sind die orangenen Spitzen in beiden Geschlechtern völlig entwickelt. Bei dieser Iphias gleicht die untere Fläche der Flügel, worauf mich Mr. A. Butler aufmerksam gemacht hat, in merkwürdiger Weise einem blassgefärbten Blatte; und bei unserem englischen Aurorafalter gleicht die untere Fläche dem Blüthenkopfe der wilden Petersilie, auf welcher man denselben häufig sich zur Nachtruhe niederlassen sehen kann.[1] Dieselbe Beweiskraft, welche uns dazu zwingt, zu glauben, dass die untere Fläche in diesen Fällen zum Zwecke des Schutzes gefärbt worden ist, veranlasst uns aber auch es zu läugnen, dass in den Fällen, wo die Flügel mit hellem Orange an der Spitze versehen worden sind, und besonders wenn dieser Character auf das Männchen beschränkt ist, dies zu demselben Zwecke geschehen sei.

Die meisten Nachtschmetterlinge ruhen während des ganzen Tages oder des grösseren Theils desselben bewegungslos mit herabhängenden Flügeln, und die oberen Flächen der Flügel sind oft, wie Mr. Wallace bemerkt hat, in einer wunderbaren Weise schattirt und gefärbt, um der Entdeckung zu entgehen. Bei den Bombyciden und Noctuiden[2] bedecken im Ruhezustande die Vorderflügel die Hinterflügel und verbergen dieselben, so dass die letzteren ohne grosse Gefahr glänzend gefärbt sein können; und so sind sie in vielen Species beider Familien wirklich gefärbt. Während des Flugs sind diese Schmetterlinge oft im Stande, ihren Feinden zu entgehen; nichtsdestoweniger müssen, da die Hinterflügel beim Fliegen dem Blicke vollständig ausgesetzt sind, die glänzenden Farben derselben allgemein auf Kosten einer gewissen Gefahr erlangt worden sein. Aber die folgende Thatsache zeigt uns, wie vorsichtig wir sein müssen beim Ziehen von Schlüssen über einen derartigen Gegenstand. Die gemeinen Gelbbandeulen (Triphaena) fliegen oft während des Tages oder des frühen Abends herum und sind dann wegen der Farbe ihrer Hinterflügel sehr auffallend. Man würde


  1. s. die interessanten Beobachtungen von Mr. T. W. Wood, „The Student“, Sept. 1868, p. 81.
  2. Mr. Wallace in Hardwicke’s Science Gossip, Sept 1867, p. 193.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/423&oldid=- (Version vom 31.7.2018)