Söhne; die dritte tödtet zwei Töchter und behält eine, dazu noch ihre drei Söhne. Wir haben dann von den drei Familien neun Söhne und drei Töchter, auf denen die Fortpflanzung des Stammes ruht. Während aber die Männer zu Familien gehören, bei denen die Neigung, Söhne zu produciren, gross ist, sind die Frauen von einer entgegengesetzten Anlage. Dieser Einfluss verstärkt sich mit jeder Generation, bis dann endlich, wie wir es factisch finden, Familien dazu kommen, beständig mehr Söhne als Töchter zu haben.“
Dass dies Resultat der oben erwähnten Form des Kindesmords folgen würde, scheint beinahe sicher zu sein; das heisst, wenn wir annehmen, dass die Neigung, ein bestimmtes Geschlecht zu erzeugen, vererbt wird. Da aber die obigen Zahlen so äusserst dürftig sind, so habe ich nach weiteren Belegen gesucht, kann aber nicht entscheiden, ob das, was ich gefunden habe, zuverlässig ist; trotzdem ist es aber doch vielleicht der Mühe werth, die Thatsachen mitzutheilen. Die Maories von Neu-Seeland haben lange Zeit Kindesmord ausgeübt; Mr. Fenton[1] gibt an, dass er „Beispiele von Frauen gefunden hat, die vier, sechs und selbst sieben Kinder, meist Mädchen, getödtet haben. Das allgemeine Zeugniss der eines Urtheils am meisten fähigen Personen ist indessen dafür beweisend, dass dieser Gebrauch seit vielen Jahren fast ganz aufgehört hat. Wahrscheinlich kann man das Jahr 1835 als dasjenige bezeichnen, wo er aufhörte zu bestehen.“ Nun sind bei den Neu-Seeländern, ebenso wie bei den Todas, männliche Geburten beträchtlich im Ueberschuss. Mr. Fenton bemerkt (p. 30): „Eine Thatsache ist sicher, obschon die genaue Periode des Beginns des eigenthümlichen Zustands von Misverhältniss zwischen den Geschlechtern nicht nachweisbar fixirt werden kann: es ist vollständig klar, dass diese allmähliche Abnahme während der Jahre 1830–1844, also in der Zeit, wo die nicht erwachsene Bevölkerung von 1844 erzeugt wurde, in voller Thätigkeit war und bis zur gegenwärtigen Zeit mit grosser Energie angedauert hat.“ Die folgenden Angaben sind Mr. Fenton entnommen (p. 26); da aber die Zahlen nicht gross sind, da auch die Zählung nicht sorgfältig war, lässt sich kein gleichförmiges Resultat erwarten. Man muss bei diesem und den folgenden Fällen im Sinne behalten, dass der normale Zustand einer jeden Bevölkerung, wenigstens bei allen civilisirten Nationen, ein Ueberschuss der Frauen
- ↑ Aboriginal Inhabitants of New-Zealand. Governement Report. 1859, p. 36.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/350&oldid=- (Version vom 31.7.2018)