weicht vom Weibchen durch seine ungeheuren Stosszähne und bedeutendere Grösse, Kraft und Ausdauer ab. Die Verschiedenheit ist in dieser letzteren Beziehung so gross, dass die Männchen, wenn sie gefangen sind, um ein Fünftel höher geschätzt werden als die Weibchen.[1] Bei anderen pachydermen Thieren weichen die Geschlechter sehr wenig oder gar nicht von einander ab, auch sind sie, soweit es bekannt ist, keine Polygamisten. Von keiner Species aus den Ordnungen der Chiroptern, Edentaten, Nagethiere und Insectenfresser habe ich gehört, dass sie polygam sei, mit Ausnahme der gemeinen Ratte unter den Nagern, von der, wie einige Rattenfänger versichern, die Männchen mit mehreren Weibchen leben. Nichtsdestoweniger weichen die beiden Geschlechter einiger Faulthiere (Edentaten) in dem Character und der Farbe gewisser Gruppen von Haaren an den Schultern von einander ab.[2] Auch bieten viele Arten von Fledermäusen (Chiroptern) gut ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheiten dar, hauptsächlich in dem Umstand, dass die Männchen Riech-Drüsen und -Taschen besitzen und von hellerer Färbung sind.[3] In der grossen Ordnung der Nager weichen, soweit ich es habe verfolgen können, die Geschlechter nur selten von einander ab, und wenn sie es thun, ist es nur unbedeutend in der Färbung des Pelzes.
Wie ich von Sir Andrew Smith höre, lebt der Löwe in Südafrica zuweilen mit einem einzigen Weibchen, meistens aber mit mehr als einem, und in einem Falle fand man, dass er sogar mit fünf Weibchen lebte, so dass er also polygam ist. Er ist, soweit ich es entdecken kann, der einzige Polygamist in der ganzen Gruppe der landbewohnenden Carnivoren und er allein bietet wohlausgesprochene Sexualcharactere dar. Wenn wir uns indess zu den See-Carnivoren wenden, so stellt sich der Fall sehr verschieden, wie wir hernach sehen werden. Denn viele Species von Robben bieten ausserordentliche sexuelle Verschiedenheiten dar, und sie sind in eminentem Grade polygam. So besitzt der männliche See-Elephant der Südsee nach der Angabe von Péron stets mehrere Weiber, und von dem See-Löwen von Forster sagt man, dass er von zwanzig bis dreissig Weibchen umgeben wird; im Norden begleitet
- ↑ Dr. Campbell in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 138. s. auch einen interessanten Aufsatz von Lieutenant Johnstone in: Proceed. Asiatic Soc. of Bengal, May, 1868.
- ↑ Dr. Gray, in: Annals and Mag. of nat. hist. 1871, p. 302.
- ↑ s. Dr. Dobson’s vortrefflichen Aufsatz, in: Proceed. Zool. Soc. 1873. p.241.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/300&oldid=- (Version vom 31.7.2018)