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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/286

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entscheiden, welche derselben primär und welche secundär genannt werden sollen.

Das Weibchen weicht oft vom Männchen dadurch ab, dass es Organe zur Ernährung oder zum Schutze seiner Jungen besitzt, wie die Milchdrüsen der Säugethiere und die Abdominaltasche der Marsupialien. Auch die Männchen besitzen in einigen wenigen Fällen ähnliche Organe, welche den Weibchen fehlen, wie die Taschen zur Aufnahme der Eier, welche die Männchen gewisser Fische besitzen, und die temporär entwickelten Bruttaschen gewisser männlicher Frösche. Die Weibchen der meisten Bienen haben einen speciellen Apparat zum Sammeln und Eintragen des Pollen und ihre Legeröhre ist zu einem Stachel für die Vertheidigung ihrer Larven und der ganzen Genossenschaft modificirt. Zahlreiche ähnliche Fälle könnten angeführt werden, doch berühren sie uns hier nicht. Es gibt indessen andere geschlechtliche Verschiedenheiten, die uns hier besonders angehen und welche mit den primären Organen in gar keinem Zusammenhange stehen, so die bedeutendere Grösse, Stärke und Kampflust der Männchen, ihre Angriffswaffen oder Vertheidigungsmittel gegen Nebenbuhler, ihre auffallendere Färbung und verschiedenen Ornamente, ihr Gesangsvermögen und andere derartige Charactere.

Ausser den vorgenannten primären und secundären geschlechtlichen Differenzen weichen die Männchen von den Weibchen zuweilen in Bildungen ab, welche zu verschiedenen Lebensgewohnheiten in Beziehung stehen und entweder gar nicht oder nur indirect auf die Reproductionsfunctionen Bezug haben. So sind die Weibchen gewisser Fliegen (Culicidae und Tabanidae) Blutsauger, während die Männchen von Blüthen leben und keine Kiefer an ihrer Mundöffnung haben.[1] Nur die Männchen gewisser Schmetterlinge und einiger Crustaceen (z. B. Tanais) haben unvollkommene, geschlossene Mundöffnungen und können keine Nahrung aufnehmen. Die complementären Männchen gewisser Cirripeden leben wie epiphytische Pflanzen entweder auf der weiblichen oder der hermaphroditischen Form und entbehren einer Mundöffnung und der Greiffüsse. In diesen Fällen ist es das Männchen, welches modificirt worden ist und gewisse bedeutungsvolle Organe verloren hat, welche die Weibchen besitzen. In andern Fällen ist es das Weibchen, welches


  1. Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. II. 1840, p. 541. In Bezug auf die Angaben über Tanais, welche unten erwähnt werden, bin ich Fritz Müller zu Dank verbunden.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/286&oldid=- (Version vom 31.7.2018)