Beziehungen gegen die Einwohner der meisten andern polynesischen Inseln vorgeschritten. Für die Annahme, dass die hohe Cultur der eingeborenen Peruaner und Mexicaner aus irgend einer fremden Quelle geflossen sei, lassen sich keine triftigen Gründe anführen;[1] viele eingeborene Pflanzen wurden dort cultivirt und einige wenige eingeborene Thiere domesticirt. Wir müssen im Auge behalten, dass eine wandernde Bootsmannschaft aus irgend einem halb civilisirten Lande, wenn sie an die Küsten von America angetrieben worden wäre, nach dem geringen Einflusse der meisten Missionäre zu urtheilen, keine ausgesprochene Wirkung auf die Eingeborenen geäussert haben würde, wenn diese nicht bereits in einem gewissen Grade fortgeschritten gewesen wären. Werfen wir unsern Blick auf eine äusserst entfernt zurückliegende Zeit in der Geschichte der Welt, so finden wir, um Sir J. Lubbock’s bekannte Ausdrücke zu gebrauchen, eine paläolithische und eine neolithische Periode; und Niemand wird behaupten, dass die Kunst, rohe Feuersteinwerkzeuge zu poliren, eine erborgte gewesen sei. In allen Theilen von Europa, und zwar im Osten bis nach Griechenland, dann in Palästina, Indien, Japan, Neuseeland und Africa, mit Einschluss Egyptens, sind Feuersteinwerkzeuge in grosser Menge entdeckt worden, und von ihrem Gebrauch hat sich bei den jetzigen Einwohnern auch nicht einmal eine Tradition erhalten. Wir haben auch indirecte Belege dafür, dass solche Werkzeuge früher von den Chinesen und alten Juden gebraucht wurden. Es besteht daher wohl kaum ein Zweifel darüber, dass die Bewohner dieser zahlreichen Länder, welche nahezu die ganze civilisirte Welt umfassen, einstmals in einem barbarischen Zustande sich befanden. Zu glauben, dass der Mensch vom Ursprung an civilisirt gewesen und dann in so vielen Gegenden einer Entartung unterlegen sei, hiesse eine sehr erbärmliche Ansicht von der menschlichen Natur hegen. Allem Anscheine nach ist es eine richtigere und wohlthuendere Ansicht, dass Fortschritt viel allgemeiner gewesen ist als Rückschritt, dass der Mensch, wenn auch mit langsamen und unterbrochenen Schritten, sich von einem niedrigeren Zustande zu dem höchsten jetzt in Kenntnissen, Moral und Religion von ihm erlangten erhoben hat.
- ↑ Dr. Ferd. Müller hat einige gute Bemerkungen hierüber gemacht in der „Reise der Novara". Anthrop. Theil. Abtheil. III. 1868. S. 127.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/236&oldid=- (Version vom 31.7.2018)