die in den Höhlen von Brasilien gefundenen Menschenschädel, welche mit vielen ausgestorbenen Säugethieren dort begraben sind, zu demselben Typus gehören, welcher jetzt noch über den ganzen americanischen Continent vorherrscht.
Unser Naturforscher würde sich dann vielleicht zur geographischen Verbreitung wenden und würde wahrscheinlich erklären, dass Formen, welche nicht bloss dem äussern Anscheine nach von einander abweichen, sondern welche einerseits für die heissesten, andererseits für die feuchtesten oder auch trockensten Länder ebensogut wie für arctische Gegenden angepasst sind, distincte Species sein müssen. Er dürfte sich wohl auf die Thatsache berufen, dass keine einzige Species in der dem Menschen zunächst stehenden Thiergruppe, nämlich den Quadrumanen, einer niederen Temperatur oder einem einigermaassen beträchtlichen Wechsel des Clima’s widerstehen kann, und dass diejenigen Species, welche dem Menschen am nächsten kommen, niemals selbst unter dem temperirten Clima von Europa bis zur Reife aufgezogen worden sind. Die zuerst von Agassiz[1] erwähnte Thatsache würde einen tiefen Eindruck auf ihn machen, dass nämlich die verschiedenen Rassen über die ganze Erde in dieselben zoologischen Provinzen vertheilt sind, wie diejenigen sind, welche von unzweifelhaft verschiedenen Arten und Gattungen von Säugethieren bewohnt sind. Dies ist ganz offenbar der Fall mit den Australiern, den mongolischen und Neger-Rassen des Menschen, in einer weniger scharf ausgesprochenen Weise mit den Hottentotten, aber wieder deutlich mit den Papuas und Malayen, welche, wie Mr. Wallace gezeigt hat, ziemlich durch dieselbe Linie von einander geschieden werden, welche die beiden grossen zoologischen Provinzen von einander trennt, die Malayische und Australische. Die Ureinwohner von America haben ihren Verbreitungsbezirk über diesen ganzen Continent, und dies scheint zuerst der oben angegebenen Regel entgegen zu sein, denn die meisten Naturerzeugnisse der südlichen und nördlichen Hälfte sind sehr verschieden. Doch verbreiten sich einige wenige Lebensformen, wie das Opossum, von der einen Hälfte in die andere, wie es früher auch mit einigen der gigantischen Edentaten der Fall war. Die Eskimos erstrecken sich, wie andere arctische Thiere, rund
- ↑ Diversity of Origin of the Human Races, in dem: Christian Examiner, July, 1850.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/233&oldid=- (Version vom 31.7.2018)