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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/210

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Ist die eben gegebene Erklärung, wie es wahrscheinlich zu sein scheint, correct, so bietet das Haar an unsern Vorderarmen ein merkwürdiges Zeugniss für unsern frühern Zustand dar; denn Niemand kann die Vermuthung hegen: dass es jetzt von irgendwelchem Nutzen ist zur Abhaltung des Regens; es wäre auch bei unserer jetzigen aufrechten Stellung für diesen Zweck entschieden nicht passend gerichtet.

Es würde indessen voreilig sein, dem Principe der Anpassung in Bezug auf die Richtung der Haare beim Menschen oder seinen frühen Urerzeugern zu sehr zu vertrauen; denn es ist unmöglich, die von Eschricht über die Anordnung der Haare am menschlichen Fötus (und diese ist dieselbe wie beim Erwachsenen) gegebenen Figuren zu betrachten, ohne mit diesem ausgezeichneten Beobachter darin übereinzustimmen, dass noch andere und noch complicirtere Ursachen dazwischen getreten sind. Die Convergenzpunkte scheinen in einer gewissen Beziehung zu denjenigen Punkten beim Embryo zu stehen, welche sich während seiner Entwickelung zuletzt geschlossen haben. Es scheint auch irgendwelche Beziehung zwischen der Anordnung der Haare an den Gliedmaassen und dem Verlaufe der Markarterien zu bestehen.[1]

Man darf nun aber auch nicht etwa annehmen, dass die Aehnlichkeit, in den eben genannten und vielen andern Punkten, zwischen dem Menschen und gewissen Affen – wie der Besitz einer nackten Stirn, eines wallenden Haarwuchses auf dem Kopfe u. s. w. – sämmtlich nothwendig das Resultat einer ununterbrochenen Vererbung von einem mit diesen Merkmalen versehenen Urerzeuger oder eines später eingetretenen Rückschlags sind. Viele von diesen Uebereinstimmungen sind wahrscheinlich eine Folge analoger Abänderungen, welche, wie ich an einem andern Orte zu zeigen versucht habe,[2] daher rühren, dass von gemeinsamen Stammformen ausgehende Organismen eine ähnliche Constitution haben und von ähnlichen, Variabilität hervorrufenden Ursachen beeinflusst worden sind. In Bezug auf die ähnliche Richtung der Haare am Vorderarme des Menschen und gewisser Affen lässt sich, da dieses


  1. Ueber das Haar bei Hylobates s. C. L. Martin, Natur. Hist. of Mammals. 1841, p. 415, auch Isid. Geoffroy Saint-Hilaire, über die americanischen Affen und andere Arten in: Hist. natur. génér. Tom. II. 1859, p. 216, 243. Eschricht, a. a. O. S. 46, 55, 61. Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 619. Wallace, Contributions to the Theory of Natural Selection. 1870, p. 344.
  2. Entstehung der Arten, (Uebers.) 5. Aufl. S. 173. Das Variiren der Thiere und Pflanzen etc. 2. Aufl. Bd. 2, S. 395.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/210&oldid=- (Version vom 31.7.2018)