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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/132

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der Kunst ihrer grammatischen Structur. Dies ist besonders der Fall bei dem Baskischen und Lappländischen und bei vielen der americanischen Sprachen“[1]. Es ist aber zuverlässig ein Irrthum, von irgend einer Sprache als einer Kunst zu sprechen, in dem Sinne, als sei sie mit Mühe und Methode ausgearbeitet worden. Die Philologen geben jetzt zu, dass Conjugationen, Declinationen u. s. f. ursprünglich als verschiedene Worte existirten, die später mit einander vereinigt wurden; und da solche Worte die augenfälligsten Beziehungen zwischen Objecten und Personen ausdrückten, so ist nicht zu verwundern, dass sie von Menschen der meisten Rassen während der frühesten Zeiten benutzt worden sind. Was die Vervollkommnung betrifft, so wird die folgende Erläuterung am besten zeigen, wie leicht man irren kann: Ein Crinoide besteht zuweilen aus nicht weniger als 150,000 Schalenstückchen[2], welche alle vollständig symmetrisch in strahlenförmigen Linien angeordnet sind; aber ein Naturforscher hält ein Thier dieser Art nicht für vollkommener als ein seitlich symmetrisches mit vergleichsweise wenigen Theilen, von denen keine einander gleichen mit Ausnahme der auf den entgegengesetzten Seiten des Körpers befindlichen. Er betrachtet mit Recht die Differenzirung und Specialisirung der Organe als den Prüfstein der Vervollkommnung. So sollte man, was die Sprachen betrifft, die am meisten symmetrischen und complicirtesten nicht über die unregelmässigen, abgekürzten und verbastardirten Sprachen stellen, welche ausdrucksvolle Worte und zweckmässige Formen der Construction von verschiedenen erobernden oder eroberten oder einwandernden Rassen sich angeeignet haben.

Aus diesen wenigen und unvollständigen Betrachtungen schliesse ich, dass die äusserst complicirte und regelmässige Construction vieler barbarischer Sprachen kein Beweis dafür ist, dass sie ihren Ursprung einem besonderen Schöpfungsacte[3] verdanken. Auch bietet, wie wir gesehen haben, die Fähigkeit articulirter Sprache an sich kein unübersteigliches Hinderniss für den Glauben dar, dass der Mensch sich aus irgendwelcher niederen Form entwickelt hat.

Schönheitssinn. – Dieser Sinn ist für einen dem Menschen eigenthümlichen erklärt worden. Ich beziehe mich hier nur auf das


  1. Citirt von C. S. Wake, Chapters on Man, 1868, p. 101.
  2. Buckland. Bridgewater Treatise, p. 411.
  3. Einige treffende Bemerkungen über die Vereinfachung der Sprachen s. bei Sir J. Lubbock, Origin of Civilisation. 1870, p. 278.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/132&oldid=- (Version vom 31.7.2018)