will über die wichtigeren und interessanteren der angegebenen Punkte ein paar Bemerkungen zu geben versuchen.
Erzbischof Sumner behauptete früher,[1] dass nur der Mensch einer fortschreitenden Veredelung fähig sei. Dass er einer unvergleichlich grösseren und schnelleren Veredelung als irgend ein andres Thier fähig ist, lässt sich nicht bestreiten; dies ist wesentlich eine Folge seines Vermögens zu sprechen und seine erworbne Kenntniss zu überliefern. Was die Thiere betrifft, so wollen wir zunächst das Individuum betrachten. Hier weiss Jeder, der nur irgend eine Erfahrung im Legen von Fallen besitzt, dass junge Thiere viel leichter gefangen werden können als alte, sie lassen auch Feinde viel leichter sich annähern; und selbst in Bezug auf alte Thiere ist es unmöglich, viele an einer und derselben Stelle und in derselben Art von Fallen zu fangen oder durch dieselbe Art von Giften zu tödten. Und doch ist es unwahrscheinlich, dass Alle von dem Gifte genossen hätten, und unmöglich, dass Alle in der Falle gefangen worden seien. Sie müssen dadurch Vorsicht lernen, dass sie ihre Genossen gefangen oder vergiftet sehen. In Nordamerica, wo die pelztragenden Thiere lange Zeit verfolgt worden sind, zeigen sie nach dem einstimmigen Zeugniss aller Beobachter einen fast unglaublichen Grad von Scharfsinn, Vorsicht und List; es ist aber das Fallenstellen dort so lange schon ausgeführt worden, dass hier vielleicht Vererbung mit in’s Spiel kommt. Es ist mir von mehreren Seiten mitgetheilt worden, dass, als Telegraphen zuerst angelegt wurden, sich in den betreffenden Gegenden viele Vögel dadurch tödteten, dass sie gegen die Drähte flogen, dass sie aber im Laufe sehr weniger Jahre diese Gefahr vermeiden lernten, wie es scheinen möchte, weil sie sahen, dass ihre Kameraden dadurch umkamen[2].
Betrachten wir aufeinanderfolgende Generationen oder die Rasse, so ist keinem Zweifel unterworfen, dass Vögel und andere Thiere allmählich Vorsicht in Bezug auf den Menschen oder andere Feinde sowohl erlangen als verlieren[3]. Und diese Vorsicht ist gewiss zum grössten Theil eine angeerbte Gewohnheit oder ein Instinct, zum Theil aber
- ↑ Citirt von Sir Ch. Lyell, das Alter des Menschengeschlechts. Original S. 497. (Der betreffende Abschnitt wurde in der Uebersetzung weggelassen.)
- ↑ Wegen weiterer Belege mit Details s. Houzeau, Les Facultés Mentales des Animaux, Tom. II. 1872, p. 147.
- ↑ s. in Bezug auf die Vögel oceanischer Inseln mein „Journal of Researches during the Voyage of the ,Beagle‘“ 1845, p. 398. Entstehung der Arten. 5. Aufl. S. 283.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/117&oldid=- (Version vom 31.7.2018)