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Seite:Carstens Werke 3. Band Argonautenzug.pdf/27

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Aietes hoffte nun zunächst, dass Iason von diesem Drachen getödtet werden würde, aber nach Pindar erschlug ihn Iason mit List, nach den Späteren schläferte ihn Medeia mit Zaubermitteln ein, so dass Iason das Vliess hinwegnehmen konnte. Iason bringt es sogleich zu den Gefährten und nimmt Medeia mit sich zu Schiffe. Die kurze Stelle beim Apollonios (IV. v. 183), welche unmittelbar mit der Carstens’schen Zeichnung in Beziehung steht, lautet:

„Eos ergoss sich bereits auf die Niederungen, da zu den Helden
Jene gelangt. Hoch staunten die Jünglinge, als sie gewahrten,
Dass nun das Vliess, Zeus’ Blitz gleich, funkelte. Jeder erhob sich
Jetzt mit dem Wunsch, es zu sehen und selbst in die Hände zu nehmen.
Aber Aison’s Sprössling verwehret’ es.“

Letzteres wird durch die zurückhaltende Bewegung Iason’s deutlich ausgedrückt. Dem Iason folgt die Medeia von Orpheus geführt.

Nachdem Iason nun das Vliess geborgen hatte, ermahnte er zur schleunigen Fahrt; er erinnerte die Helden an die Verdienste der Medeia um das Gelingen ihres Vorhabens, und erklärte, dass „er sie als Gattin heimführen wolle nach dem Gesetz“ (v. 194); die Gefährten sollten nun auch die Jungfrau vor der Rache ihres Vaters retten, denn Aietes würde sie mit Heeresmacht verfolgen, und so würde die Fahrt auf dem Phasis schwierig und gefährlich sein.





Tafel 18. Die Ermordung des Apsyrtos.

In der That liess der König Aietes die Argo sofort verfolgen. Die Helden hofften wegen des Vliesses eine Verständigung zu erzielen, und wegen der Medeia, um derentwillen sie nicht einen ungleichen Kampf aufnehmen, die sie aber auch nicht ohne dringende Noth der Rache ihres Vaters preisgeben wollten, dachten sie den Schiedsspruch eines als gerecht bekannten Fürsten vorzuschlagen. Dieser sollte entscheiden,

„Ob sie zurück in das Haus des Erzeugers sich solle begeben,
Oder die Helden zugleich nach Haimonia’s Fluren begleiten.“
 (Apollonios. IV. v. 348.)

Damit war Medeia aber nicht einverstanden. Vielmehr sann sie, um sich zu retten, auf ein schweres Verbrechen. Ihr Bruder Apsyrtos führte die verfolgenden Kolchier an, und in der Meinung, dass die letzteren ihres Führers beraubt leicht zu überwinden sein würden, schlug sie Iason vor, jenen in einen Hinterhalt zu locken und zu ermorden. Apsyrtos wurde auf die Insel der Artemis gelockt und daselbst von der Medeia erwartet. Während beide redeten, sprang plötzlich Iason aus dem Verstecke,

„Hoch in der Rechten das Schwert, das gezückete; aber die Jungfrau
Wendet schleunig den Blick, in den hüllenden Schleier sich bergend,
Dass sie das Blut nur nicht des erschlagenen Bruders erblickte.
Und nun, so wie der Schlächter den Stier mit prangenden Hörnern,
Schlug er, den Blick anstrengend, beim Tempel ihn, welchen die Bryger
Aus jenseitigem Lande der Artemis einstmals erbauet.“
 (Apollonios, IV. v. 465–470.)

Der Mord fand in der Vorhalle des Tempels statt. Iason vollzog die üblichen Entsühnungen und begrub den Leichnam.

Die anderweitigen mannigfaltigen Gestaltungen dieser Sage kommen dem vorliegenden Blatte gegenüber, bei dessen Komposition Carstens sich genau an den Apollonios hielt, nicht in Betracht.




Empfohlene Zitierweise:
Herman Riegel (Hrsg.): Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug. Alphons Dürr, Leipzig 1884, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carstens_Werke_3._Band_Argonautenzug.pdf/27&oldid=- (Version vom 14.2.2021)