in die Furchen einen Theil der Zähne jenes Aonischen Drachen säen, den „einst in dem Ogygischen Thale Kadmos erlegt“ und aus welchem gewappnete Erdsöhne entsprossten; letztere sollte er auch tödten. Erschreckt von dieser ungeheuren Aufgabe richteten sich die Augen des Helden, Hülfe erhoffend, auf Medeia. Apollonios (III. v. 528 u. ff.) sagt:
„In Aietes Palast, da wohnet Medeia, die Jungfrau,
Hekate hat sie, die Göttin, vor Anderen mischen gelehret,
Was nur an Kräutern die Erde gebiert und das strömende Wasser.“
Die weiteren Gaben und Künste der Medeia werden nun geschildert und die Helden beschliessen, die Gunst der Jungfrau zu gewinnen. Es findet darauf im Tempel der Hekate vor der Stadt eine Zusammenkunft statt, zu welcher Medeia von ihren Mägden begleitet hinausgefahren, Iason aber von Argos und Mopsos begleitet hingegangen war. Die Begleiter blieben ausserhalb des Tempels. Als die Jungfrau des Helden ansichtig wurde, loderte die rasende Liebe auf.
„Nicht mehr konnte sie jetzt vorwärts hinziehen noch rückwärts
Ferner das Knie, und die Füss’ auch starrten. Aber indessen
Hatten gesammt sich die Mägde zurück von dem Paare gezogen.
Völlig verstummt, lautlos, so standen sie neben einander,
Hoch an Gestalt wie Eichen und ragenden Tannen vergleichbar.“
(Apollonios, III. v. 964–968.)
Iason brach das Schweigen, denn Kypris hatte ihm, wie Pindar (IV. Pyth. 347 u. ff.) singt, gelehrt,
„Liebesred’ und Zaubergesänge, die Scheu
Vor den Eltern aus der Medeia Gemüth
Zu bannen, hinzuziehn mit Peitho’s
Stacheln ihr glühendes Herz zu dem heiss geliebten Fremdling.
Schleunig enthüllt sie dem Freund,
Was ihm Aietes auferlegt,
Beut ihm klug erdachte Mittel,
Wider die Folter des Schmerzes den Leib
Sich mit Salböl einzureiben. Beide dann schwuren sich
Seliger Liebe süss Umfangen.“
Beim Apollonios wird der ganze Vorgang aufs ausführlichste erzählt. Medeia hatte dem Iason die Prometheische Salbe mitgebracht (III. v. 845) und ihm deren Anwendung genau vorgeschrieben, ihm auch sonstigen Rath ertheilt. (III. v. 1024 u. ff.) Als sie nun geendigt hatte, blickte sie nieder und weinte, gequält von dem Gedanken, dass sie Iason, wenn er Alles bestanden, doch gleich verlieren müsse. Darauf
„mit traurigen Worten begann sie
Wieder zu ihm, und sie blickt in die Augen ihm, und bei der Rechten
Fasst sie ihn traut; schon hatte die Scheu ihr Auge verlassen:
Denke doch, wenn von der Fahrt du gelangt einst bist in die Heimath,
An Medeia zurück. Des Entferneten bleib’ ich hinführo
Ewig gedenk. O, sag’ mir gewogen, wo du daheim bist;
Sage, wohin du von hier wegsegeln wirst auf der Meerfluth.“
So bittet sie weiter, heimlich von dem Gedanken getrieben, mit ihm zu entfliehen. Apollonios fährt fort:
„Also die Maid. Und ihn selber beschlich bei den Thränen der Jungfrau
Eros, der schlimme.“
Dies ist der von Carstens dargestellte Augenblick.
An der Hinterwand des Tempels steht in einer Nische die dreiköpfige Bildsäule der Hekate, in der Rechten die Geisel, in der Linken das Seistron (Sistrum), jene geheimnissvolle eherne Klappe des Isisdienstes, haltend. Vor derselben steht ein Altar und vor diesem Iason und Medeia. Er hat bereits die Büchse mit der Zaubersalbe empfangen. Sie blickt gesenkten Hauptes in Bekümmerniss nieder. Beide haben sich die Hand gereicht, und da entflammt Eros auch des Helden Seele, was der Künstler durch die Haltung des kleinen Liebesgottes sprechend ausgedrückt hat.
Herman Riegel (Hrsg.): Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug. Alphons Dürr, Leipzig 1884, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carstens_Werke_3._Band_Argonautenzug.pdf/25&oldid=- (Version vom 14.2.2021)