Ich hatte oftmals sagen hören, daß die Böhmen
unter allen Nationen in Deutschland,
ja vielleicht in ganz Europa an meisten musikalisch
wären; und ein berühmter deutscher Komponist,
welcher gegenwärtig in Londen ist, hatte mich versichert,
daß sie, wenn man ihnen nur gleiche Vortheile
mit den Italiänern verschafte, diese gewiß
übertreffen würden.
Wirkungen lassen sich nicht ohne Ursachen gedenken; und die Natur, so partheyisch sie auch bey Austheilung des Genies und der Talente gegen einzelne Personen seyn mag, ist es nie gegen ein ganzes Volk. Das Clima trägt viel dazu bey, Sitten und Gewohnheiten zu bilden; und ich halte es für ausgemacht, daß Völker, welche in heissen Erdstrichen wohnen, mehr Vergnügen an der Musik finden, als die in Kalten; vielleicht weil die Nerven des Gehörs in jenen reitzbarer sind, als in diesen, und weil sich der Schall dort
Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise – Dritter Band. Bode, Hamburg 1773, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Burney_-_Tagebuch_einer_musikalischen_Reise_3._Bd_1773.pdf/7&oldid=- (Version vom 18.11.2016)