ist es so schwer nicht, die Ursach der verschiednen musikalischen Vorzüge dieser beyden Nation anzugeben. Die Sprache der Italiäner ist zur Musik bequemer, als die Sprache irgend eines andern Volks, und die Gewohnheit, daß auf ihren Theatern und in ihren Kirchen, fast täglich die besten und kostbarsten Kompositions aufgeführt werden, muß nothwendiger Weise unter allen Ständen des Volks eine allgemeine Richtigkeit des Geschmacks hervorbringen, und einem jeden, der ein unterscheidendes Ohr und eine biegsame Stimme hat, ein vollkommnes Muster zur Nachahmung vorhalten. Die Sprache der Deutschen hingegen ist unter denen, die zur Musik am unbequemsten sind; es wird ferner bey ihnen, selbst in ihren Opern, sehr wenig andre Vokalmusik aufgeführt, als über italiänische Worte: es war daher natürlich, daß Instrumentalmusik ihr allgemeiner Vorwurf wurde. Die Anzahl von Schulen, deren in diesem Tagebuche erwähnt worden, worinn die Instrumentalmusik gelehrt wird, vermehrt die Anzahl der Mitwerber, und die Gewohnheit der deutschen Prinzen, an ihren Höfen zahlreiche Kapellen und bey ihren Regimentern gute Hoboisten zu unterhalten, muß ein Bestreben erwecken, sich hervorzuthun.
Im Ganzen betrachtet, scheint es, daß in den schönen Künsten ein jedes Land, und eine jede Schule, ihre eignen Fehler und auch ihre eignen Vollkommenheiten haben. Die Musik betreffend,
Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise – Dritter Band. Bode, Hamburg 1773, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Burney_-_Tagebuch_einer_musikalischen_Reise_3._Bd_1773.pdf/284&oldid=- (Version vom 29.1.2017)