Wo eine Kinderschar sich laut ergötzte.
Fremd schienen sie; ich stand an einem Baum,
O seliger, o himmelvoller Traum!
Ich sah hinauf. Aus deinem Himmel, Linde,
Zog nieder eines weißen Kleides Saum,
Und nieder stieg ein Kind aus dem Gewinde
Ein Ebenbild von jenem Firmungskinde.
Sehnsüchtig hatte ich die Arme ausgestreckt,
Da kamen sie, dich boshaft mir zu rauben,
Die Unverständ’gen haben mich geweckt.
Im Fackelschimmer nie betrogner Lust!
Die Liebe starb, die Hoffnung und der Glauben.
Was füllet jetzt die narbenvolle Brust?
Verbrannt das Herz! wie knirscht die tote Kohle!
Zur Stube mußt ich, harte Worte holen,
Zur Strafe büßt ich ein mein Abendbrot,
Als hätte ich, was Gott mir gab, gestohlen:
Des selgen Traumes tiefes Abendrot.
Ich fühlte recht, was mir zum Dasein not:
Ein Himmel blau, in dem die Hoffnung schwimmet,
Ein Schmerz in meiner freien starken Hand,
Die ihn nach ihren Melodien stimmet.
Ward mit Moralien und trocknen Blicken
Zertrümmert mir, was niemals ich verstand.
Entschuldigend erzählt ich mein Entzücken;
Da lachte man den armen Träumer aus,
Und als ich weinte, bracht man mich hinaus
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)