einer bevorstehenden Revanche. Allmählich legte sich der Wogengang dieser Gefühle. Diesseits des Rheins wurden die Standbilder der Germania etwas weniger angejubelt und jenseits diejenigen der Stadt Straßburg mit weniger Trauerfloren geschmückt. Da, nach zehn Jahren, konnte die Stimme der Friedensjünger wieder gehört werden. Bluntschli, der große Völkerrechts-Gelehrte – derselbe, mit welchem mein Verlorener sich in Verbindung gesetzt – war es, der bei verschiedenen Würdenträgern und Regierungen sich deren Ansicht über den Völkerfrieden einholte. Damals fiel des schweigsamen „Schlachtendenkers“ bekannter Ausspruch: „Der ewige Frieden ist ein Traum – und nicht einmal ein schöner Traum.“
„Je nun: wenn Luther den Pabst gefragt hätte, was er von einem Abfall von Rom hält, die Antwort würde da auch nicht reformationsfreundlich ausgefallen sein,“ schrieb ich damals neben Moltkes Worte in das blaue Heft.
Heute gibt es fast Niemand mehr, der diesen Traum nicht träumte oder der dessen Schönheit nicht zugeben wollte. Und auch Wache gibt es – ganz helle Wache, – welche die Menschheit aus dem langen Schlaf der Barbarei erwecken wollen und thatkräftig, zielbewußt sich zusammenschaaren, um die weiße Fahne aufzupflanzen. Ihr Schlachtruf ist: „Krieg dem Kriege“; ihr Losungswort – das einzige Wort, welches noch im stande wäre, das dem Ruin entgegenrüstende Europa zu erlösen – heißt: „Die Waffen nieder!“ Allerorts – in England und Frankreich, in Italien, in
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/309&oldid=- (Version vom 31.7.2018)