„Ein Hohenzoller? Das wird Frankreich nicht dulden.“
Das Wort schnitt mir in die Seele, denn was heißt dieses „nicht dulden“? Wenn das im Namen eines Landes gesagt wird, so sieht man im Geiste die dieses Land personifizierende Riesenjungfrauen-Statue mit trotzig zurückgeworfenem Kopfe und mit der Hand am Schwertesknauf.
Doch es wurde bald wieder auf ein anderes Gesprächsthema übergegangen. Wie folgenschwer diese spanische Thronfrage noch werden sollte, das ahnte unter uns noch Niemand. Ich auch nicht, natürlich. Mir war nur das anmaßende „das wird Frankreich nicht dulden“ als ein Mißton im Gedächtnis haften geblieben und damit zugleich die ganze umgebende Scenerie.
Von nun an sollte die spanische Thronfrage immer lauter und aufdringlicher werden. Täglich wurde der Raum größer, den sie in den Zeitungen und in den Salongesprächen einnahm und ich weiß, daß sie mich in hohem Grade langweilte; diese Hohenzollern-Kandidatur: man konnte bald gar nichts Anderes hören. Und mit einer Entrüstung wurde davon gesprochen, als könnte Frankreich nichts Beleidigenderes widerfahren; die Meisten durchschauten es als eine von Preußen ausgehende Provokation zum Kriege. Es ist doch klar – hieß es – Frankreich konnte die Sache nicht dulden; wenn also die Hohenzollern darauf bestehen, so ist das die reine Herausforderung. Das verstand ich nicht. Übrigens war ich ohne Sorge.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/248&oldid=- (Version vom 31.7.2018)