davon hat man ja in meiner Jugend gar nichts – oder vielmehr das Gegenteil gelernt. Da muß ich jetzt – trotz der Silberfäden an den Schläfen – wieder von vorne anfangen.“
Den Winter nach Sylvias Geburt verbrachten wir in aller Stille in Wien. Im folgenden Frühjahr bereisten wir Italien. Weltkennenlernen gehörte ja auch zu unserm neuen Lebensprogramm. Frei und reich waren wir, nichts hinderte uns, es auszuführen. Kleine Kinder sind zwar auf Reisen ein wenig lästig, aber wenn man genügendes Personal von Bonnen und Wärterinnen mitführen kann, so läßt es sich schon machen. Ich hatte eine alte Dienerin zu mir genommen, welche einst meine und meiner Schwester Kindsfrau gewesen, dann einen Wirtschaftsbeamten geheiratet hatte und jetzt verwitwet war. Diese „Frau Anna“ war meines vollsten Vertrauens würdig und in ihren Händen konnte ich meine kleine Sylvia mit voller Beruhigung zurücklassen, wenn wir – Friedrich und ich – auf mehrere Tage unser Hauptquartier verließen, um Ausflüge zu machen. Ebensogut war Rudolf bei Mr. Foster, seinem Hofmeister aufgehoben. Doch geschah es häufig, daß wir den achtjährigen kleinen Mann mit uns nahmen.
Schöne, schöne Zeiten! … Schade, daß ich damals die roten Hefte so stark vernachlässigte. Gerade da hätte ich so viel des Schönen, Interessanten und Heitern eintragen können: aber ich habe es unterlassen, und so sind mir die Einzelheiten jener Jahre meist aus dem
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/229&oldid=- (Version vom 31.7.2018)