die mitten auf dem Gefechtsfelde fielen – vielleicht kann man diese hier beim Rückgang auflesen …
Und wieder geht die Patrouille weiter, dem Kampfplatz näher. In immer dichteren Scharen wanken Verwundete heran, sich selber oder einander mühsam fortschleppend. Das sind solche, die doch noch gehen können. Unter sie wird der Inhalt der Feldflaschen verteilt, man legt ihnen eine Binde auf quellende Wunden und weist ihnen den Weg nach der Ambulance. Und wieder geht es weiter. An Toten vorüber – an Hügeln von Leichen … Vieler dieser Toten zeigen die Spuren entsetzlichster Agonie. Unnatürlich weit aufgerissene Augen – die Hände in die Erde gebohrt – die Haare des Bartes aufgerichtet – zusammengepreßte Zähne unter krampfhaft geöffneten Lippen – die Beine starr ausgestreckt, so liegen sie da.
Jetzt durch einen Hohlweg. Hier liegen sie aufgeschichtet. Tote und Verwundete untereinander. Letztere begrüßen die Sanitätspatrouille wie rettende Engel und flehen und schreien um Hilfe. Mit gebrochenen Stimmen, weinend, wimmernd, rufen sie nach Rettung, nach einem Schluck Wasser … Aber ach – die Vorräte sind fast erschöpft, und was können die wenigen Menschen thun? Ein Jeder müßte hundert Arme haben, um da retten zu können … doch Jeder thut, was er kann. Da erschallt der langgezogene Ton des Sanitätsrufes. Die Leute stutzen und halten in ihren Handreichungen inne. „Verlaßt uns nicht, verlaßt uns nicht!“ flehen die Unglücklichen; doch wieder und wieder ruft das Hornsignal, welches, von allem andern Getöse
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/063&oldid=- (Version vom 31.7.2018)