wurden ein paar Zelte aufgeschlagen. In dem meinen stehen drei Feldbetten. Die beiden Kameraden schlafen. Ich sitze an dem Tisch, worauf die geleerten Groggläser und eine brennende Kerze stehen. Beim schwachen flackernden Schein der letzteren (es weht von dem offenen Eingang ein Luftzug herein) schreibe ich Dir, mein geliebtes Weib. Auf mein Lager habe ich den Puxl hingelegt … war der müd’, der arme Kerl! Ich bereue fast, ihn mitgenommen zu haben; der ist auch, was die unseren immer von der preußischen Landwehr behaupten: „an die Strapazen und Entbehrungen eines Feldzugs nicht gewöhnt“. Jetzt schnauft er wohlig und süß – ich glaube er träumt, wahrscheinlich von seinem Freund und Gönner Rudolf Grafen Dotzky. Und ich träum’ von Dir, Martha … Zwar bin ich wach; aber täuschend, wie ein Traumbild, sehe ich Deine liebe Gestalt in jener halbdunklen Zeltecke, auf einem Feldstuhl sitzen … Welche Sehnsucht ergreift mich, dort hinzugehen und mein Haupt in Deinen Schooß zu legen. Ich thu’ es aber nicht, weil ich weiß, daß dann das Bild zerflattern würde …
Ich trat einen Augenblick hinaus. Die Sterne flimmern gleichgültiger als je. Auf dem Boden huschen verschiedene Schatten: es sind Nachzügler. Viele, Viele, blieben unterwegs zurück; jetzt haben sie sich, vom Wachtfeuer angezogen, hierher geschleppt. Aber nicht Alle – Manche liegen noch in einem entfernten Graben oder Kornfeld. Das war aber auch eine Hitze, während dieses forcierten Marsches! Die
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/034&oldid=- (Version vom 31.7.2018)