aufs äußerste gerüstet wird und nun auch Sachsen damit beginnt. Die Aufregung ist eine allgemeine und wird täglich heftiger. „Krieg in Sicht, Krieg in Sicht!“ verkünden alle Blätter und alle Gespräche. Mir ist zu Mute, als wäre ich auf dem Meere und der Sturm im Anzug …
Der gehaßteste und geschmähteste Mann in Europa heißt jetzt Bismarck. Am 7. Mai wird auf denselben ein Mordversuch gemacht. Hat Blind, der Thäter, jenen Sturm dadurch abwenden wollen? Und hätte er ihn abgewendet?
Ich erhalte aus Preußen Briefe von Tante Kornelie, aus welchen hervorgeht, daß dort zu Lande der Krieg nichts weniger als gewünscht wird. Während bei uns allgemeine Begeisterung für die Idee eines Krieges mit Preußen herrscht, und mit Stolz auf unsere „Million auserlesener Soldaten“ geblickt wird, herrscht drüben innere Zerfahrenheit. Bismarck wird im eigenen Lande nicht viel weniger geschmäht und verleumdet, als bei uns; das Gerücht geht, daß die Landwehr sich weigern werde, in den „Bruderkrieg“ zu ziehen, und man erzählt, daß die Königin Augusta sich ihrem Gemahl zu Füßen geworfen, um für den Frieden zu flehen. O, wie gern hätte ich an ihrer Seite gekniet und alle meine Schwestern – alle – zu gleicher That hinreißen wollen. Das, das allein sollte aller Frauen Bestreben sein: „Friede, Friede – die Waffen nieder!“ Hätte doch unsere schöne Kaiserin sich auch zu Füßen ihres Gemahls geworfen und weinend, mit erhobenen Händen, um Entwaffnung
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/307&oldid=- (Version vom 31.7.2018)