Stellung und Einkommen zu verzichten, um, wie er sagte, „nichts zu thun, nichts zu sein und nichts zu haben“; aber seine Liebe zu mir war doch ein mächtigeres Gefühl, als sein Stolz, und er konnte meinen Bitten nicht widerstehen. Ich erklärte, ein zweites Mal könne ich die Seelenangst nicht durchmachen, die mir die letzte Trennung verursacht – und er mochte wohl selber solchen Schmerz nicht wieder auf uns Beide herabbeschwören. Das Zartgefühl, welches vor seiner Verheiratung mit mir ihn vor der Idee zurückschrecken ließ, von dem Vermögen der reichen Frau zu leben, das war jetzt nicht mehr im Spiele, denn wir waren so sehr eins geworden, daß zwischen „mein“ und „dein“ kein fühlbarer Unterschied mehr waltete, und verstanden einander so gut, daß er eine Mißbeurteilung seines Charakters von meiner Seite nicht mehr befürchten durfte. Der letzte Feldzug hatte zudem seine Abneigung gegen die Mordpflichten des Krieges noch so sehr vergrößert und das rückhaltlose Aussprechen dieser Abneigung hatte dieselbe so gefestigt, daß ihm das Quittieren nicht nur als eine unserem häuslichen Glücke gemachte Konzession, sondern zugleich als eine Bethätigung seiner Gesinnung, als einen Ueberzeugungstribut erscheinen ließ, und so versprach er mir, im kommenden Herbste – bis dahin mußten die Friedensverhandlungen doch beendet sein – seinen Abschied zu nehmen.
Wir planten, mit meinem, gegenwärtig im Bankhause Schmitt & Söhne liegenden Vermögen ein Gut zu kaufen, an dessen Bewirtschaftung Friedrich Beschäftigung
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/251&oldid=- (Version vom 31.7.2018)