„Gott sei Dank, jetzt wirst Du bald gesund werden,“ sagte die Tante eines Tages, nachdem sie mir geholfen, mich auf einen Ruhesessel niederzulassen, den man mir zum offenen Fenster geschoben hatte. „Und da können wir nach Grumitz …“
„Sobald ich die Kraft habe, reise ich nach – Alsen!“
„Nach Alsen? Aber Kind, was fällt Dir ein?“
„Ich will dort die Stelle finden, wo Friedrich entweder verwundet oder –“ ich konnte nicht weitersprechen.
„Soll ich den kleinen Rudolf holen?“ fragte die Tante nach einer Weile. Sie wußte, daß dies das beste Mittel sei, um meine trüben Gedanken für eine Zeit zu verscheuchen.
„Nein, jetzt nicht – ich möchte ganz ruhig und allein bleiben … Auch Du thätest mir einen Gefallen, Tante, wenn Du in das Nebenzimmer gingest … vielleicht werde ich ein wenig schlafen. Ich fühle mich so matt …“
„Gut, mein Kind, ich will Dich in Ruhe lassen … Hier auf dem Tischchen neben Dir steht eine Glocke. Wenn Du etwas brauchst, wird gleich Jemand zur Hand sein.“
„War der Briefträger schon da?“
„Nein – es ist noch nicht Postzeit.“
„Wenn er kommt, so wecke mich.“
Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen. Leisen Schrittes ging die Tante hinaus. Dieses unhörbare
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/241&oldid=- (Version vom 31.7.2018)