Kugel das liebste – aber wenn Du gerettet werden sollst – nein; dann will ich vom Sterben noch nichts wissen. „Todesfreudigkeit“, dieses widernatürliche von den Feldpredigern uns stets angepriesene Ding, das kann ein glücklicher Mensch nicht empfinden – und wenn Du lebst und ich heimkomme, so habe ich noch unberechenbare Schätze von Glück zu beheben. O, welche Lebensfreudigkeit, mit der wir beide noch die Zukunft genießen wollten, wenn uns eine solche beschieden ist!
Heute trafen wir zum erstenmal mit dem Feind zusammen. Bisher ging unser Weg durch eroberte Länderstriche, aus welchen die Dänen sich zurückgezogen. Rauchende Dorftrümmer, zertretene Saaten, herumliegende Waffen und Tornister, durch Granaten aufgewirbelte Erde, Blutlachen, Pferdeleichen, Massengräber: – das sind die Landschaften und deren Staffage, durch welche wir hinter dem Sieger hergewandelt sind, um womöglich neue Siege daran zu reihen, das heißt neue Dörfer anzuzünden und so weiter … Das haben wir nun heute auch gethan. Die Position ist unser. Hinter uns steht ein Dorf in Flammen. Die Einwohner hatten es zum Glück vorher verlassen. Aber in einem Stall war ein Pferd vergessen worden – ich hörte das verzweifelte Tier stampfen und schreien … Weißt Du, was ich that? das hat mir wahrlich keinen Orden eingetragen – denn statt ein paar Dänen niederzumachen, sprengte ich auf jenen Stall zu, um das arme Roß zu befreien. Unmöglich: schon brannte die Krippe,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/228&oldid=- (Version vom 31.7.2018)