der Preußenhaß in Österreich noch viel wütender angefacht würde, als jetzt der Dänenhaß – so hätte ich damals schon erkannt, wie ich das seither erkennen gelernt, daß die Motive, die als Rechtfertigung der Feindseligkeiten angeführt werden, nichts als Phrasen sind, Phrasen und Vorwände.
Den Sylvesterabend verbrachten wir wieder im Hause meines Vaters. Mit dem Schlage zwölf erhob dieser sein Punschglas:
„Möge der Feldzug, welcher uns in dem neugeborenen Jahre bevorsteht, ein für unsere Waffen glorreicher werden“ – sprach er feierlich; – ich stellte mein schon erhobenes Glas auf den Tisch zurück – „und mögen unsere Lieben uns erhalten bleiben!“ beschloß er.
Jetzt erst that ich Bescheid.
„Warum hast Du bei der ersten Hälfte meines Toastes nicht angestoßen, Martha?“
„Weil ich von einem Feldzug nichts anderes wünschen kann, als daß er – unterbleibe.“
Als wir ins Hotel und in unser Schlafzimmer zurückgekehrt waren, warf ich mich Friedrich um den Hals.
„Mein Einziger! Friedrich! Friedrich!!“
Er drückte mich sanft an sich:
„Was hast Du, Martha? Du weinst … heute in der Neujahrsnacht? Warum denn das junge 1864 mit Thränen einweihen, mein Liebling? Bist Du denn nicht glücklich? Habe ich Dich irgendwie gekränkt?“
„Du? O nein, nein, – nur zu glücklich machst
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/196&oldid=- (Version vom 31.7.2018)