Eine feierliche, steife, einschläfernde Geschichte – so hatte mein Vater sein bevorstehendes Diner genannt und so würde ich die Ceremonie auch aufgefaßt haben, wäre nicht der eine Gast gewesen, dessen Nähe mich eigentümlich bewegte …
Baron Tilling war knapp vor dem Speisen gekommen; ich hatte daher, als er mich im Salon begrüßte, nur zu einem ganz kurzen Wortaustausch Zeit gefunden, und bei Tisch, wo ich zwischen zwei eisgrauen Generälen saß, war der Baron so weit von mir entfernt, daß ich ihn unmöglich in die an unserem Tischende geführte Unterhaltung ziehen konnte. Ich freute mich auf die Rückkehr in den Salon; dort wollte ich Tilling an meine Seite rufen und ihn noch weiter ausforschen über jene Schlachtzene; ich sehnte mich darnach, noch einmal jenen Ton zu hören, der mich das erste Mal so sympathisch berührt hatte.
Doch zur Ausführung dieses Vorhabens bot sich mir anfänglich keine Gelegenheit; die beiden Eisgrauen blieben mir auch nach Tische treu und nahmen an meiner Seite Platz, als ich im Salon mich anschickte, den schwarzen Kaffee einzugießen. Dazu gesellten sich noch, im Halbkreis, mein Vater, der Minister ***, Doktor Bresser – und auch Tilling, aber die sich entspinnende[WS 1] Unterhaltung war eine allgemeine. Die übrigen Gäste, darunter sämtliche Damen, ließen sich in einer anderen Ecke des Salons nieder, wo nicht geraucht wurde; während in unserer Ecke – auch ich hatte mir eine Cigarette angezündet – das Rauchen gestattet war.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: entspinnenden
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/099&oldid=- (Version vom 31.7.2018)