von meinem Sitz – mit gerundet aufgehobenem linken Arm, bereit, ihn auf Baron Tillings Schulter zu lehnen.
„Verzeihen Sie, Gräfin,“ sagte jener mit einem flüchtigen Lächeln, das blitzend weiße Zähne aufdeckte, „ich kann nicht tanzen.“
„Ah so – desto besser,“ antwortete ich, mich wieder setzend. „Ich hatte mich ohnehin hierher zurückgezogen, um ein wenig auszuruhen.“
„Und ich hatte mir die Ehre erbeten, Ihnen vorgestellt zu werden, gnädige Gräfin, um Ihnen eine Mitteilung zu machen.“
Ich blickte erstaunt auf. Der Baron machte ein sehr ernstes Gesicht. Er war überhaupt ein ernsthaft aussehender Mann – nicht mehr jung, etwa vierzig, mit einigen Silberfäden an den Schläfen – im ganzen eine vornehme, sympathische Erscheinung. Ich hatte mir angewöhnt, jeden Neuvorgestellten auf die Frage hin prüfend anzusehen: Bist Du ein Freier? – würde ich Dich nehmen? Beide Fragen beantwortete ich mir in diesem Falle mit einem schnellen „Nein“. Es fehlte dem Betreffenden durchaus der verbindlich-anbetende Ausdruck, welchen alle jene anzunehmen pflegen, die sich den Frauen mit sogenannten „Absichten“ nahen; – und die andere Frage fand schon durch seine Uniform verneinende Erledigung. Ein zweites Mal würde ich keinem Soldaten die Hand reichen – das hatte ich mir fest vorgenommen. Nicht nur aus dem Grunde, um kein zweites Mal der schrecklichen Angst ausgesetzt zu werden, den Gatten ins Feld ziehen zu sehen, sondern
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/084&oldid=- (Version vom 31.7.2018)