sei. Das war mir aus der Seele gesprochen. Sogar in meinem kurzen Innenleben war diese Verminderung vor sich gegangen; und wenn ich oft diese Regung als etwas Feiges, Unwürdiges unterdrückt hatte, glaubend, daß ich allein mich solchen Frevels schuldig mache, so erkannte ich jetzt, daß dies bei mir nur der schwache Widerhall des Zeitgeistes war; daß Gelehrte und Denker, wie dieser englische Geschichtsschreiber, daß unzählige Menschen mit ihm, die einstige Kriegsvergötterung verloren hatten, welche – wie sie eine Phase meiner Kindheit gewesen – in diesem Buche auch als eine Phase aus der Kindheit der Gesellschaft dargestellt war.
Somit hatte ich in Buckles Geschichtswerke eigentlich das Gegenteil von dem gefunden, was ich gesucht. Dennoch empfand ich diesen Fund als einen Gewinn – ich fühlte mich dadurch gehoben, geklärt, beruhigt. Einmal versuchte ich mit meinem Vater über diese neugewonnenen Gesichtspunkte zu reden – aber vergebens. Auf den Berg hinauf wollte er mir nicht folgen – das heißt er wollte das Buch nicht lesen – also war es aussichtslos, mit ihm von Dingen zu reden, die man nur von dort oben aus wahrnehmen konnte.
Nun folgte das Jahr – zweite Phase –, da die Trauer in Melancholie übergegangen war. Jetzt las und studierte ich noch fleißiger. Das erste Werk Buckles hatte mir Geschmack am Nachdenken gegeben und die Freuden eines erweiterten Weltausblickes kosten gemacht. Davon wollte ich nun noch immer mehr und mehr genießen, und so ließ ich diesem [WS 1] Buche noch viele
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: in diesem
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/077&oldid=- (Version vom 31.7.2018)