Meine Freundin fand ich zu Hause.
Gräfin Lori Griesbach war in mehr als einer Hinsicht meine Schicksalsgenossin, Generalstochter, wie ich, kurze Zeit an einen Offizier verheiratet, wie ich, und – wie ich – Strohwitwe. In einem übertrumpfte sie mich: sie hatte nicht nur ihren Mann, sondern auch noch zwei Brüder im Krieg. Aber Lori war keine ängstliche Natur; sie war vollkommen überzeugt, daß ihre Lieben unter dem besonderen Schutze eines von ihr sehr verehrten Heiligen standen, und sie rechnete zuversichtlich auf deren Wiederkehr.
Sie empfing mich mit offenen Armen.
„Ach, grüß’ Dich Gott, Martha – das ist wunderhübsch von Dir, daß Du mich aufsuchst. – Aber Du siehst gar so bleich und gedrückt aus … doch keine schlimme Nachricht vom Kriegsschauplatze?“
„Nein, Gott sei Dank. Aber das Ganze ist doch so traurig –“
„Ja so – Du meinst die Niederlage? Da mußt Du Dir nichts daraus machen, die nächsten Berichte können einen Sieg vermelden.“[WS 1]
„Siegen oder besiegt werden – der Krieg an und für sich ist schon schrecklich … Wäre es nicht besser, wenn es gar keinen solchen gäbe?“
„Wozu wäre denn da das Militär da?“
„Ja, wozu?“ Ich sann nach. „Dann gäb’ es keins.“
„Was Du für Unsinn sprichst! Das wäre eine schöne Existenz – lauter Civilisten – mir schaudert! Das ist zum Glück unmöglich.“
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Anführungszeichen fehlt in der Vorlage
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/057&oldid=- (Version vom 31.7.2018)