Grundsätzen regiert werden. Vermuthlich fällt auch dieses Denkmal des religiösen Sinnes unsrer Väter in den Entschädigungsfund. Da es in vielfachen Verbindungen mit dem Hochstifte Wirzburg steht, so wird es mit demselben wahrscheinlich gleiches Schicksal theilen.
Schwäbisch-Halle ist eine ansehnliche Stadt, von beträchtlicher Größe, und mit mehrern schönen öffentlichen Gebäuden. Sie hat ein ziemlich ausgedehntes, sehr fruchtbares Gebiet, in dem besonders die Hornviehzucht in einem trefflichen Zustande ist. Die Staatsregierung ist in den Händen eines aus lauter studierten Mitgliedern zusammen gesetzten Magistrats. Unter den Inwohnern dieser Stadt herrscht viele Liebe zur Literatur und Lektüre. Das Gymnasium hat neuerlich eine verbesserte Einrichtung bekommen, und sich den Vorschlägen der aufgeklärten Erzieher und Methodisten mehr genähert. Unter den Lehrern sind Leutwein und Gräter als Schriftsteller bekannt; der erstre durch einige theologische und exegetische Produkte, der letztre durch seine Forschungen über die alte Sprache und Literatur der Teutschen. Der verdiente Senior Dr. Hufnagel zu Frankfurt am Mayn wurde in H. gebohren, und legte auf dem hiesigen Gymnasium den Grund zu seinen Studien. Er verdankt, nach seinem eigenem Geständnisse, dem alten, nun verstorbenen Rektor Leutwein sehr viel, der ein halbes Jahrh. hindurch an der hiesigen Schule gelehrt, und den man für einen der gründlichsten Schulmänner seiner Zeit gehalten hat. Die Hallenser lieben Lebensgenuß, Zerstreuung und die Freuden der Tafel, in einem weit höhern Grade, als es sonst in Reichsstädten Sitte ist. Ein gewisses Maaß von Wohlhabenheit, in der sich die meisten ausgezeichneten Familien befinden, giebt ihnen die Mittel, diesen Ton fortzusetzen. Der verflossene Sommer hat aber auch hier die Kassen des Staats und der Individuen ziemlich geleert. Erst trieb der oben besagte Merlin und dann der Brigade-General Levasseur sein Wesen in Halle, und beyde benützten ihren Vortheil, so gut sie konnten. Die Salzwerke sind die Goldgrube der Stadt. Sie sind aber auch die Ursache, warum jetzt der Herzog von Wirtemberg sein Augenmerk besonders auf sie richtet. Denn den Ländern des letztern fehlt dieses unentbehrliche Produkt beynahe gänzlich.
Der Pfarrer Glaser zu Michelfeld, ein Mann von dessen Gelehrsamkeit viel zu erwarten ist, hat vor einigen Jahren schon eine – bereits vollständig ausgearbeitete – diplomatische Geschichte der Stadt Halle angekündigt, die aber, aus Mangel an Unterstützung, bis jetzt noch nicht erscheinen konnte. Diese Unterstützung würde ihm nicht entgangen seyn, wenn er seinen Zeitgenossen einen abenteuerlichen Roman, oder ein mord- und blutvolles Ritterstück angekündigt hatte. –
Johann Gottfried Pahl: Bemerkungen auf einer Reise an der Nordgrenze von Schwaben. Becker, Gotha 1801, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bemerkungen_auf_einer_Reise_an_der_Nordgrenze_von_Schwaben.pdf/6&oldid=- (Version vom 14.9.2022)