nur sparsam fort: desto reichlicher aber gedeihen die Erdbirnen, welche hier für ein Substitut der meisten andern Speisen gelten. Die Einwohner sind der lutherischen Religion zugethan. Ihre Sitten sind rauh, ländlich und einfach; ihre Kleidung und ihre Gebräuche altteutsch. Da ihr Regentenstamm schon im Anfange des 18ten Jahrhunderts ausstarb, so ist das Land unter mehrere Besitzer vertheilt; ein Uebelstand, aus dem nicht wenige, höchst traurige Folgen entstehen. Da die Besitzer alle abwesend sind, so betrachten sie ihre Antheile als Domänen, die man blos aus dem Gesichtpunkte des Nützlichen verwaltet, und die sämmtlichen Staatseinkünfte gehen alle Jahre für das Land verloren. Der Pastor Prescher zu Gschwend, ein sehr fleißiger historischer Forscher und würdiger Religionslehrer, hat die Geschichte dieser Grafschaft, mit viel Kenntniß, Wahrheit und Genauigkeit beschrieben[1].
Es gehört ohne Zweifel mit zu den Folgen dieser Zerstückelung, daß für die religiöse Aufklärung in diesem Ländchen noch so wenig geschehen ist. Liturgie, Katechismus und Gesangbuch sind traurige Denkmale aus dem 16ten Jahrhundert, worin noch alle die finstern Begriffe aufbewahrt und im Umlauf erhalten werden, die vor dem hellern Lichte unsrer Tage nicht mehr bestehen, und dem Geiste der wahren Religiösität ganz zu wider sind. In dem Hohenlohe-Bartensteinischen Landesantheil sollte vor einigen Jahren das werthheimische Gesangbuch eingeführet werden. Da man aber die Sache nicht mit Klugheit angriff, so gerieth sie wieder ins Stecken. Neuerlich ist von einem verbesserten Gesangbuche für die Gaildorfischen Landesantheile die Rede gewesen, und man hat auch bereits Gutachten und Proben über dasselbe veranstaltet. Jedoch ist bis jetzt auch hier die Sache blos frommer Wunsch geblieben. – Die Geistlichen in Limburg sind meistens sehr gut besoldet; indem ihnen die Fruchtzehenden in ihren Gemeinden angewiesen worden. Diese Einrichtung macht der religiösen Gesinnung der alten Schenken von Limburg Ehre: aber diejenigen von ihren Enkeln handeln nicht in ihrem Geiste, welche diese Zehenden, gegen eine bey weitem nicht äquivalirende fixe Besoldung, einziehen.
Gaildorf ist die Haupt- und einzige Stadt dieser Grafschaft. Sie liegt sehr angenehm in dem Kocherthal, und ist klein und schlecht gebaut. Da hier die Kanzleyen von drey Landesantheilen etablirt sind, so findet man eine verhältnißmäßig ansehnliche Zahl von Honoratioren, unter denen ein guter, gesellschaftlicher Ton, viel Aufklärung und gebildete Sitten herrschen. Es besteht unter ihnen eine Lesegesellschaft, die die besten teutschen Journale und andere neue belehrende und unterhaltende Schriften hält. Der Direktor der Solms-Assenheimischen Regierung, Hofrath Höck, ist ein gründlicher Gelehrter, und dem Publikum, durch eine klassische Uebersetzung des Sallust rühmlich bekannt.
In dem verflossenen Sommer, wo Schwaben und Franken, nicht durch den Krieg, sondern durch den Waffenstillstand zu Grunde gerichtet wurden, kantonnirte in der Grafschaft Limburg das vierte Husaren-Regiment, welches der Brigadechef Merlin, ein Bruder des bekannten Merlin von Thionville, kommandirt. Noch immer hören die Inwohner nicht auf, über dieses Korps zu klagen, das sich ihnen durch Exaktionen und Mißhandlungen aller Art unvergeßlich gemacht hat. Der Aufenthalt desselben kostete das Land gegen 60000 Gulden; ein um so empfindlicherer Schaden, da die Gegend weit umher unfruchtbar und arm ist, und die andern Kriegsprästationen diese Summe noch bey weitem übersteigen.
Wenn man von Gaildorf längst dem Kocher hinunter reist, so kommt man in das Ritterstift Komburg, welches dicht an der Reichsstadt Schwäbisch-Halle, auf einem Hügel liegt, und mit seinen stattlichen Gebäuden einen sehr guten Eindruck macht. Die hiesigen Dompräbenden sind ziemlich einträglich, und die vielen Besitzungen des Stifts sollen, wie man versichert, nach richtigen
- ↑ Geschichte und Beschreibung der Reichsgrafschaft Limburg, von H. Prescher. 8. Stuttg. 1789. 90. 2. Bd. m. K.
Johann Gottfried Pahl: Bemerkungen auf einer Reise an der Nordgrenze von Schwaben. Becker, Gotha 1801, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bemerkungen_auf_einer_Reise_an_der_Nordgrenze_von_Schwaben.pdf/5&oldid=- (Version vom 15.9.2022)