Erst als er wie betäubt nach Hause ging, ergriff ihn ein jäher Schmerz um seine alte Schwester, daß er nur mit Gewalt einen Thränenausbruch zurückdrängte; er war nun ganz verlassen.
Als er in seinem Hause nach der Giebelkammer hinaufstieg, stand er mitten auf der Treppe still: er hörte den Vogel in der Kammer pfeifen. Das hatte er freilich schon tausendmal gehört; aber heute kam es so frisch, ganz wie ein Frühlingsruf aus der kleinen Brust herauf; Meister Daniel erklomm die letzten Stufen und brummte zur Begleitung die Worte der Melodie. Aber was war denn das? Der Meister hatte, an dem Erfolg verzweifelnd, in den letzten Wochen seinen Unterricht ganz aufgegeben; immer hatte der Schüler nur gestümpert; und jetzt – jetzt sang er Alles: womit ihn Fritz ins Haus gebracht, was dieser ihn gelehrt und was zuletzt der Meister selbst ihm vorgepfiffen hatte. Die unerwartete Freude hatte dem Alten wohl den Kopf verwirrt; denn er wandte sich wieder, faßte mit jeder Hand eine Stange des Geländers, und
Theodor Storm: Bötjer Basch. Berlin: Gebrüder Paetel, 1887, Seite 062. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:B%C3%B6tjer_Basch.djvu/062&oldid=- (Version vom 31.7.2018)