„Gott bewår uns in Gnaden!“ rief die Alte, „Du hest’n düren Leerburs, Daniel!“
Aber Meister Daniel lachte, er kannte seinen Fritz; irgendwie und wo mußte mitunter das Feuer in dem Jungen sich Luft machen und auf ein Faßband kam’s nicht an; denn er wußte es, Fritz war ein Waghals, die Gefahr war für ihn, was die Vogelbeere für den Krametsvogel, und je kräftiger er wurde, um desto mehr. Mit dem Küster, der zugleich Glöckner war, hatte er nur Freundschaft geschlossen, weil die drei großen Glocken im Kirchthurm geheimnißvoll seine Neugier reizten. Wenn eine vornehme Leiche mit allen dreien zu Grabe geläutet werden sollte, so war er sicher vorher schon auf dem drittobersten Thurmboden, und kam der erste Ton des Geläutes, so klomm er an den Querleisten des emporgehenden Balkens hinauf, der von dort statt einer Stiege an der größten Glocke vorbeiführte, und während sie sich heulend dicht an ihm vorüberschwang, suchte er, an seinem Balken angeklammert, mit den Augen ihren Taufspruch zu erhaschen
Theodor Storm: Bötjer Basch. Berlin: Gebrüder Paetel, 1887, Seite 038. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:B%C3%B6tjer_Basch.djvu/038&oldid=- (Version vom 31.7.2018)