hätten sie nicht so zwecklos verschwenden sollen! Die See ging haushoch. Da bringt es nicht mal ein Kunstschütze fertig, einen Menschen in den rollenden Wogen zu treffen. Jedenfalls war ich darauf gefaßt, daß der Dampfer, sobald der Sturm ausgetobt hatte, zurückkehren und nach mir suchen würde.
Diese Insel nun ist umfangreicher, als es scheint. Dieser Teil hier ist nur der Kopf ihrer spinnenförmigen Gestalt. Der dicke Leib – der Hauptteil, hat einen Durchmesser von fast einer Meile, ist im Innern stellenweise mit Dickicht bedeckt, besitzt einen durch eine Quelle gespeisten Teich und außer verschiedenen Vogelarten als weitere Bewohner eine Hasenart, die ich bei einer Reise durch Arabien bereits kennen gelernt hatte. – Nun – die Franzosen kamen wirklich und krempelten die ganze Insel um, wollten mich Wertstück durchaus wiederhaben und benutzten sogar zwei einem Offizier gehörige Schweißhunde zu dieser Menschenjagd. Daß ich mitten in dem flachen Teiche hockte und mir um den Kopf eine hübsche, unauffällige Sumpfpflanze geschlungen hatte, ahnten sie nicht. Nachdem sie zwei volle Tage in der Hitze hier geschmort und die Insel immer wieder durchstreift hatten, nahmen sie wohl an, ich sei in den Wellen umgekommen und – zogen Leine! Es war auch höchste Zeit, denn mein Magen glich bereits einem leeren Wasserschlauch! – Gelegentlich will ich Dir, mein Freund und Retter, genauer schildern, wie ich dann hier als Robinson gehaust habe. – Ich sehe Deinem fragenden Gesicht deutlich an, daß Du nicht recht begreifst, weshalb ich denn so lange auf diesem Eiland geblieben bin. Gewiß – ich hätte von hier wieder in kultivierte Gegenden zurück können. Aber – diese Insel hat nämlich – na sagen wir – einen Haken, der mich festhielt und mich geduldig auf ein deutsches Schiff warten ließ. Freilich – zu dieser Geduld gehörte eben eine Natur wie die meinige, die in allem Absonderlichen und Abenteuerlichen die einzige Befriedigung findet. – Und der „Haken“, willst Du fragen? – Höre und staune: Diamanten – Edelsteine, große und kleine, die in einem
W. Belka: Auf dunklem Pfade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Auf_dunklem_Pfade.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)