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Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/33

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Sonnentochter, holde Jungfrau,
Hast wohl ein zu kleines Rößlein?
Jeden Morgen wird dein grünes
Röckchen feucht vom Wiesentau.

Schleudre deinen Blitz, o Pehrkon,
In des Schilfsees tiefste Tiefe!
Sonnentöchter dort ertranken,
Als sie goldne Kannen wuschen.

Schmiedet Himmelschmied im Himmel,
Fallen Kohlen in die Düna;[1]
Breite, Mädchen, aus dein Wolltuch,
Wirst’s voll Silbermünzen haben!

Pehrkon will ein Weib sich holen,
Fährt mit tausend weißen Rossen
Durch die Wolken übers Meer.
Sonne trägt ihm nach den Brautschatz
Und bestreut mit rotem Goldstaub
Alle weißen Wogenkämme.

Geh voran mir, liebe Laima!
Trag voran mir deine Leuchte!
Daß mein Fuß nicht unversehens
Tret’ in eine Thränenlache.

Höher fliegt und singt die Lerche,
Als die andern Vögel alle;
Weiser sind der Laima Schlüsse
Als der Menschen klügstes Denken.

Wie die Leute thöricht reden,
Meine Laima lieg’ im Wasser!

  1. Grenzfluß zwischen Kurland und Livland.
Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/33&oldid=- (Version vom 11.1.2019)