Denn wenn man auf den fettesten Acker, in das reichste Kohlenbergwerk noch so viel Geld hineinschüttet, deshalb trägt der Acker doch kein Korn, speit das Bergwerk von selbst keine Kohlen aus! Das wollen wir doch endlich einmal festhalten.
Wenn die Menschen das Geld erfunden haben, so ist das sehr sinnvoll und verständig; denn in jeder komplizierten Wirtschaft bedarf man dieser (allgemein anerkannten) „Anweisung auf geleistete Arbeit“. Aber daß diesen „Geldreichen“ eine Kraft innewohnen soll, ewig aus sich heraus ins Ungeheure zu wachsen — und das tut das Geld, wenn es Zins tragen kann — das ist’s, wogegen sich unser Innerstes auflehnt, das ist’s, was das Geld weit hinaushebt über alle anderen irdischen Erscheinungen, das ist’s, was das Geld zum Götzen macht. Und alles das ist doch nur der ungeheuerste Selbstbetrug der Menschheit! Nichts, gar nichts vermag das Geld aus sich selbst. Tisch, Schrank, Kleid, Haus, Werkzeug, kurzum alles um uns hat doch irgend einen Wert; den ältesten Tisch kann man schließlich noch einheizen und sich dran wärmen, aber mit einem Zwanzigmarkschein kann ich gar nichts anfangen, nicht einmal ein Stück Käs kann ich drin einwickeln. Erst nachdem die Menschen sinnvollerweise übereingekommen sind, zur Erleichterung des Austausches der Güter zum Verbrauch, Anweisungen auf geleistete Arbeit zu schreiben, erst damit bekommt das Stückchen Papier Sinn und Witz, und es ist sehr verständig, daß der Bauer für sein Korn vom Kohlenbergwerk nicht eine Kohle, sondern Geld bekommt, also eine Anweisung auf anderweitig geleistete Arbeit, z. B. Heugabeln, Geschirr, Pflug und Sense. Aber damit soll es aus sein mit der Macht des Geldes.
Also nicht das Geld hat die großartigen Fortschritte der Menschheit bewirkt, sondern die Menschen selbst haben es getan, ihr kühner Geist, ihr stolzer Wagemut, ihr kluger Sinn, die Kraft ihrer Hände, ihre gemeinsame, also soziale fleißige Arbeit. So stolz und so klar müssen wir sehen. Die Menschen selbst waren das, doch nicht die armseligen Stücklein Papiere, die die Menschen erfunden haben zur Vereinfachung der Wirtschaft.
Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/62&oldid=- (Version vom 29.10.2017)