Die überschießenden Gewinnerträgnisse werden teilweise als Entschädigung für „riskiertes” Kapital (im Gegensatz zu den festverzinslichen und mündelsicheren Papieren) an die Aktieninhaber hinausbezahlt, während der weitere Überschuß durch das selbständige Recht der Arbeiterschaft entweder sozial verteilt oder zum Abbau der Preise der Produkte verwendet wird.
§ 7. Für alle Personen, die aus körperlichen Gründen (hohes Alter, Krankheit, körperliche oder geistige Arbeitsunfähigkeit, große Jugendlichkeit) nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, werden die bisherigen eventuell sogar erhöhten Zinserträgnisse aus vorhandenen Kapitalvermögen als Leibrente weiterbezahlt gegen Einlieferung der Wertpapiere.
§ 8. Im Interesse eines Abbaues der bestehenden Inflation mit Zahlungsmitteln wird eine allgemeine stark gestaffelte Vermögenseinziehung vorgenommen, die in Kriegsanleihestücken oder anderen Schuldtiteln des Reiches oder der Staaten geleistet werden. Diese Papiere werden eingestampft.
§ 9. Durch intensivste Volksaufklärung ist dem Volke klarzumachen, daß das Geld nichts anderes ist und sein darf, als eine Anweisung auf geleistete Arbeit; daß jede hochentwickelte Wirtschaft des Geldes als Austauschmittel zwar bedarf, aber, daß damit auch die Funktion des Geldes erfüllt ist und dem Geld auf keinem Fall durch den Zins eine überirdische Macht verliehen sein kann, aus sich selbst heraus zu wachsen zu Lasten der schaffenden Arbeit.
Warum haben wir dies alles, was so selbstverständlich ist, was man als das Ei des Kolumbus für die soziale Frage bezeichnen muß, bisher noch nicht erreicht?
Weil wir in unserer mammonistischen Verblendung klar zu sehen verlernt haben, daß die Lehre von der Heiligkeit des Zinses ein ungeheurer Selbstbetrug ist, daß das Evangelium von dem allein seligmachenden Leihzins unser ganzes Denken in die goldenen Netze der internationalen Plutokratie verstrickt hat. Weil wir vergessen haben und geflissentlich von den allgewaltigen Geldmächten darüber im Unklaren gehalten werden, daß mit Ausnahme von wenigen Geldgewaltigen der angeblich so schöne und von den Gedankenlosen so geliebte Zins rein von den Steuern aufgezehrt wird.
Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/10&oldid=- (Version vom 6.9.2019)