St. Michaeliskirche (1751–62). Ihre ganze Anlage verrät deutlich die Abhängigkeit von der Dresdner Schule. Der Planung lag ein länglichrunder von Arkaden umstellter Mittelraum zugrunde, ähnlich wie bei der Kreuzkirche. In dem höher geführten muldenförmigen Holzgewölbe mit perspektivisch in die Fläche gelegten Fenstern kam er klar zum Ausdruck. Im Grundriß aber trat die griechische Kreuzform ausgesprochen hervor. Die Seitenarme öffneten sich gegen den Mittelraum in einem mächtigen Arkadenbogen, der zwei Arkadenmotiven der Dresdner Kirchen entsprach. Die Saalwirkung, die an der Decke noch erhalten war, wich im unteren Raum einer querschiffartigen Erweiterung.
Der Altar stand wie bei Schmidt an der Wand des Innensaals; aber unter dem Einfluß mitzubenutzender
älterer Fundamente erschien das Saalende mit dem Altarplatz chorartig zusammengedrückt.
Seitliche Sakristei- und Betstübcheneinbauten vermehrten diese Wirkung. Nur der übrige dreiarmige
Teil nahm Kirchenbesucher auf. Ihn umzog nur eine, in Kleeblattform weit vor die Arkadenpfeiler
vorgezogene, durch schlanke Eisensäulen gestützte Empore. Eine eigenartige, weiträumige, schwach an
die Großenhainer Kirche erinnernde, von mildem Licht erfüllte Raumbildung war so gewonnen. Die
dekorative Ausschmückung von großer formaler Schönheit erhöhte noch die weihevolle Wirkung des
Innenraums. Die Gesamtstimmung entsprach dem freieren Geist und geweiteten Blick der seefahrenden
Hamburger, die sich eines sicheren, ungefährdeten Bestandes ihres Glaubens und großer Wohlhabenheit
erfreuten.
Die konstruktive Durchbildung stand nicht auf der Höhe des Entwurfs. Sie war die gleiche wie bei der Dresdner Dreikönigskirche, das Licht für den Hauptsaal lieferten die Dachfenster einer
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/72&oldid=- (Version vom 25.5.2024)