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Seite:Alfred Barth Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche.pdf/109

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Teile[1] der Baukunst trieb ihn „sogar“, wie der Chronist sagt, an, das Maurerhandwerk zünftig zu erlernen. Bei einem Flügelbau des Taschenbergpalais hat er unter Locke als Lehrling mit gemauert. Unter Lockes Leitung ist er jedenfalls auch an dessen Maßaufnahmen und Aufzeichnungen der Kreuzkirchenruine und des alten Turmes beteiligt gewesen. Daß er sich im Jahre 1793 die Fassade des alten Turmes von seinem alten Lehrmeister lieh, ist eine Bestätigung dieser Annahme. Nach Eröffnung der Akademie war Hölzer einer ihrer ersten Schüler. Er brachte eine gute Vorbildung mit und war schon 20 Jahre alt. In den Jahren 1766 und 1767 zeichnete Hölzer für Krubsacius an dessen Plänen für die Landhaus- und die Kreuzturmkonkurrenz. 1768 gewann er eine von Hagedorn gestellte Preisaufgabe der Akademie mit dem Thema, „eine für eine gewisse Anzahl Personen wohl und bequem eingerichtete im guten Geschmack angegebene und mit Turm versehene Landkirche[2] zu entwerfen“. Der Entwurf, der Hölzers Mitarbeit an den Turmplänen von Krubsacius erkennen läßt, ist später zu besprechen (vergl. S. 123). „Seine Pläne setzen ihn in solche Achtung, daß er bald darauf 1769 als Unterlehrer der Akademie“, also wohl als Assistent angestellt wurde. Im November 1770 übernahm er als Kondukteur den von Krubsacius entworfenen Land- und Steuerhausbau. (R. A., G. I. 28 und G. II. 29.) Im Jahre 1772 wurde nach seinen Plänen vom Grafen Ludwig Friedrich Vitzthum von Eckstädt der Park in Lichtewalde, eine der großartigsten Gartenanlagen der damaligen Dresdner Schule, angelegt. Für diesen Grafen, durch dessen Vermittelung Krubsacius den Landhausbau erhalten hatte, entwarf Hölzer bis zum März 1773 Pläne zu dem inzwischen abgebrochenen „Schönburgschen“ Palais, das jedoch erst nach 1778 zur Ausführung kam. Auch dürften einige Veränderungen am Schloß Lichtewalde, so ein kleiner Turm auf Hölzer zurückgehen. Beim Landhausbau hatte er „alle Anlagen und Berechnungen“ zu machen. Seine Stellung war ziemlich selbständig. Auch die Detaildurchbildung, so die reizvolle Gitterzeichnung (vergl. die betreffenden Akten im Hauptstaatsarchiv) mag von ihm stammen. 1775 wurde er zum wirklichen Mitglied der Akademie, nach Fertigstellung des Baues 1776 zum Hofbaumeister ernannt und bald darauf auch zum Professor und Nachfolger von Krubsacius, „dessen echter Geschmack und Gelehrsamkeit sich mit ihm fortpflanzte. Gerechten Beifall der wenigen Kenner haben seine Schüler geerntet.“ Von Hölzers „vielen hier errichteten Werken“ machte schon Kläbe 1796 außer den angeführten keines weiter namhaft. Hölzer scheint später ganz in seiner Lehrtätigkeit aufgegangen zu sein. Daneben fertigte er mehrfach Idealentwürfe für die Ausstellungen der Akademie. Seine früheren Arbeiten lassen erkennen, daß Hölzer ein Architekt von künstlerischer Eigenart und schöpferischer Phantasie war. In der Grundrißbildung entwickelte er eine hervorragende Begabung und zeigte ausgeprägten Sinn für malerische Raumwirkung und harmonische Massengruppierung. Das architektonische Liniengerüst der Fassaden im Preisentwurf entsprach ganz den französischen Lehren, d. h. einer etwas zaghaften Renaissancearchitektur, bei seinem Palais[3] schloß er sich enger an die von Longuelune ererbte Blenden- und Lisenenarchitektur seines Meisters an. In den Dekorationselementen war er selbständiger. Ausgehend von den antiken Motiven der Flechtbänder, Akanthusblätter, Ranken und Laubgewinde bevorzugte er Kränze und Girlanden. Auch zeigte er sich hierin nicht so abstinent, wie man nach den Theorien der Akademie erwarten sollte, offenbarte ein frisches eigenes Formenempfinden, das sich an die vorangehende Zeit kaum noch anlehnte, und liebte reichgegliederte Vasen und bewegten figürlichen Schmuck zur Belebung der Silhouette.[4] Unbefangen studierte er die Werke Bährs und Chiaveris, die den anderen „Kennern“ ein Greuel waren, auf ihre künstlerischen Werte hin und übernahm, was seiner Eigenart zusagte. Die Schule unter Locke, der die strengeren Formen des Bauamts mit den reizvollsten Rokokoornamenten zu verknüpfen wußte, mag in Hölzer das Verständnis

für intime dekorative Wirkungen und malerische Effekte geweckt und ihn vor Einseitigkeit bewahrt haben,


  1. Nach einer Angabe hatte Knöffel eingeführt, daß alle, die Baumeister werden wollten, als Maurer sich aufnehmen lassen mußten.
  2. Die Angabe Schumanns (B. u. R.), Hölzer habe in einer Konkurrenz um eine Dorfkirche bei Leipzig gesiegt, ist irrtümlich. Hagedorn entnahm nur einer Ausschreibung im Leipziger Intelligenzblatt das Thema. „Land“kirche ist hier nicht im Sinne von „Dorf“kirche gesagt.
  3. Hauptstaatsarchiv, Rißschrank VII, F. 87, Nr. 14, Karton H. Vitzthumsches Haus, Moritzstr., 6 Bl., 1773.
  4. Der krönende Abschluß des Koselpalais (hinter der Frauenkirche) dürfte auf einen Plan Hölzers zurückgehen.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/109&oldid=- (Version vom 18.4.2024)