21/4 Stunde von Oelsnitz, westsüdwestlich von der Plauen-Hofer Strasse 5/8 Stunde entfernt, liegt an dem nach dem Orte benannten Bache, der südlich von hier am Kleeholze entspringt und oberhalb Dröda den Feilebach erreicht, mitten zwischen den Dörfern Burkhardtsgrün, Ottengrün, Zettlarsgrün, Dechengrün, Engelhardtsgrün und Weidigt, nebst Weidenhaus und Einsiedel.
Der Ort, nebst den andern genannten, sind rein deutschen Ursprungs und kommt zuerst in einer Urkunde unter dem Namen Baben neun Kirchen vor, welches bei der von Heinrich dem Reichen vorgenommenen Ländertheilung unter seine drei Söhne mit an den mittlern seiner gedachten drei Söhne fiel, und in dem Landesstrich eben begriffen war, welchen Heinrich der Reiche im Voigtlande besass. Derselbe erstreckte sich von Voigtsberg mit Oelsnitz und Adorf bis nach Schönberg hinauf.
Die Erbauung Bobenneukirchens ist aber unbedingt vor dem 13. Jahrhundert erfolgt und ist vielmehr in das 11. Jahrhundert zu versetzen, in die Zeit, wo der Geist des Ritterwesens durch die geschehene Stiftung von Turnieren, welche König Heinrich I. einführte, geweckt wurde und so glänzend dastand. Mit Einführung dieser Turniere erfolgte auch die Normirung der Wappen der adelichen Herren nach festen Formen. Sie waren ursprünglich die gewählten Symbole, welche der Kriegsmann zu seiner Kennbarmachung auf seinem Schild und Rüstzeug malte und auch in sein Siegel sich stechen liess.
Zu gleicher Zeit zeichneten sich die Besitzer der Burgen und Schlösser durch einen kirchlichen Sinn aus und bauten Kirchen und Kapellen in Dörfern und Städten.
Bobenneukirchen verdankt ebenfalls seine Entstehung solch kirchlichen Sinnes. Die Sage darüber ist folgende:
Nicht weit von dem Platze, wo jetzt die Kirche steht, sei eine Grotte gewesen, in welcher die Göttin „Baba oder Boba“ verehrt worden sei. Den Namen „Grotte“ führt noch heute ein kleiner, ringsum mit einem ohngefähr 6 Ellen breiten Wassergraben umgebenen, westlich gelegener Hügel, und wird davon noch heute der ganze, nach dieser Seite hinaus liegende Theil des Dorfes „Grottensee“ genannt. Bei Einführung des Christenthums sei die Grotte zerstört und an ihre Stelle eine christliche Kapelle erbaut worden. Der Zahn der Zeit und die zunehmende Bevölkerung machte den Bau eines neuen Gotteshauses nöthig und wegen dieses Neubaues entstand der Name „Bobenneukirchen“.
Eine andere Ableitung des Namens Bobenneukirchen aus „Boom“, d. i. Baumneukirchen hat keinen Halt, da der hiesige Ort, wenn derselbe auch nicht zu den baumarmen gehört, durch grosse Baumzucht sich nicht auszeichnet.
Das hiesige Rittergut ist erst später entstanden als die Kirche und von den Besitzern der Herren von Posseck erbaut, von welcher es auf die Familie von Reitzenstein übergegangen ist, welche noch im 18. Jahrhundert im Besitze dieses Gutes waren; namentlich ist der Oberst Wolf Christoph von Reitzenstein auf Bobenneukirchen noch im Jahre 1722 hier Erb-, Lehn- und Gerichtsherr gewesen, welcher sich durch seine Mildthätigkeit um den Ort und die Kirche grosse Verdienste erworben hat.
Nach der Familie von Reitzenstein folgte die Familie Spiess im Besitze von Bobenneukirchen. Der königl. sächsische pensionirte Major vom Ingenieur-Corps, Herr Spiess, hat es zuletzt besessen, von welchem es ein gewisser Domsch und Hänsel erkaufte.
Der jetzige Besitzer ist Herr von Krüger in Dresden.
Die Gebäude des Gutes sind gerade nicht hervorragend, doch gewähren sie ein liebliches Bild ob der ganzen Lage.
Das Areal des Rittergutes, in 80 Ackern bestehend, ist sämmtlich an die hiesigen Einwohner verpachtet.
In Bobenneukirchen sind ausserdem zwei geistliche Stellen, ein Pastor und ein Diaconus und zwei Schulstellen. Ueber diese geistlichen Stellen steht nicht dem Besitzer des Rittergutes von Bobenneukirchen das Collaturrecht zu, sondern Patron und Collator dieser Stellen ist der Besitzer des Rittergutes Posseck. Ein Recht, dessen Ursprung man sich leicht erklären kann. Die Herren von Posseck, welche Kirche und Gut in Bobenneukirchen zuerst errichteten, haben natürlich das Recht für sich dann auch vorbehalten.
Das jetzige Kirchengebäude steht erst seit 1706–1707, indem die
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/238&oldid=- (Version vom 10.12.2022)